Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilen, an den Kläger 400.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. November 2009 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, alle vergangenen und zukünftigen materiellen und all weiteren zukünftigen immateriellen Schäden des Klägers zu ersetzen, die aus der fehlerhaften geburtshilflichen Behandlung in der Klinik der Beklagten zu 1) am 23. Juli 2008 entstanden sind und in Zukunft noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht infolge sachlicher und zeitlicher Kongruenz auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz wegen Behandlungsfehlern bei seiner Geburt.
Die Mutter des Klägers gebar bereits 2004 ein Kind durch Kaiserschnitt.
Im Rahmen ihrer zweiten Schwangerschaft wurde sie am frühen Morgen des 23. Juli 2008 in der 42. Schwangerschaftswoche mit unregelmäßiger Wehentätigkeit stationär im Krankenhaus der Beklagten zu 1) aufgenommen.
Der Beklagte zu 3) ordnete als Oberarzt die Geburtseinleitung mit dem Medikament Cytotec an. Die Patientin wurde im Rahmen einer von ihr unterzeichneten Einverständniserklärung über die fehlende Zulassung für diesen Zweck, nicht aber über besondere Risiken nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt belehrt. Sie erhielt das Medikament um 9.20 Uhr (25 μg) und erneut um 15.00 Uhr (50 μg).
Bei einer vaginalen Untersuchung um 19.05 Uhr kam es zum Blasensprung. Dabei und bei einer erneuten Untersuchung um 20.05 Uhr kam es zum Abgang grünlichen Fruchtwassers.
Ab 22.02 Uhr ergab sich erstmals eine Auffälligkeit im CTG, nämlich ein kontinuierlicher Herztonabfall auf eine Frequenz von 65, danach eine leichte Frequenzerhöhung und ein Aussetzen der Herztöne ab 22.07 Uhr. Um 22.08 Uhr wurde durch den Assistenzarzt eine Kopfschwartenelektrode angeordnet. Auch nach deren Neuanlegung um 22.11 Uhr waren Herztöne nur sporadisch zu registrieren. Um 22.12 Uhr entschloss man sich zum Kaiserschnitt und klärte die Patientin entsprechend auf. Um 22.15 Uhr wurden der Beklagte zu 3), Anästhesie und OP-Personal unterrichtet. Letztere waren um 22.20 Uhr bereit. Auf Anordnung der Beklagten zu 2) als diensthabender Kreissaalärztin begann die Intubation um 22.28 Uhr, die Operation um 22.30 Uhr. Die Operation gestaltete sich durch vorhandene Verwachsungen der Blase schwierig. Um 22.40 Uhr wurde der Kläger in außerordentlich schlechtem Zustand entbunden. Nach Übergabe an den Anästhesisten zur Primärversorgung hatte er keine Herztätigkeit und wurde reanimiert. Die Kinderklinik H wurde um 22.50 Uhr informiert. Deren Pädiater erschien um 23.30 Uhr und übernahm die weitere Behandlung.
Beim Kläger wurde nach der Geburt ein schwerer Hirnschaden und eine Rotavireninfektion festgestellt.
Der Kläger behauptet, dass die Geburtseinleitung durch Cytotec kontraindiziert gewesen sei. Die terminale Bradykardie hätte früher diagnostiziert, die erforderliche Notsectio früher durchgeführt und der Pädiater früher benachrichtigt werden müssen. Diese Behandlungsfehler hätten zu dem Hirnschaden geführt. Es handele sich um eine spastische, beinbetonte Cerebralparese, cerebrale Myeliniserungsverzögerung und globale Hirnvolumenminderung. Die Hirnschädigung führe zu einer globalen, erheblichen psychomotorischen Entwicklungsverzögerung. Er werde deshalb immer pflege- und behandlungsbedürftig bleiben. Er hält ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 400.000,00 € für angemessen.
Der Kläger beantragt,
1)
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. November 2009 zu zahlen;
2)
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, alle vergangenen und zukünftigen materiellen und alle weiteren immateriellen Schäden des Klägers zu ersetzen, die aus der fehlerhaften geburtshilflichen Behandlung in der Klinik der Beklagten zu 1) am 23. Juli 2008 entstanden sind und in Zukunft noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht infolge sachlicher und zeitlicher Kongruenz auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten von Prof. Dr. N (Bl. ... ff. d. A.) und auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Oktober 2012 (Bl. ... ff.) verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger kann ...