Leitsatz (amtlich)
1. Das Eigenkapitalersatzrecht ist auf aufsteigende Finanzhilfen nicht anwendbar.
2. Ob objektive Sanierungstauglichkeit der Gesellschaft und objektive Tauglichkeit der beschloßenen Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des sogenannten Sanierungsprivilegs des § 32 a) Abs. 3 Satz 3 GmbHG vorliegen, ist aus der ex -ante Sicht eines ordentlichen Geschäftsmannes zu beurteilen.
3. Das sogenannte Sanierungsprivileg erfordert nicht zwingend, dass der ordentliche Geschäftsmann ein eigenes schriftliches Sanierungskonzept erarbeitet.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T AG (im Folgenden: T AG) von der Beklagten zu 1. die Rückzahlung und Verzinsung eines Darlehens. Die Beklagte zu 2. wird unter dem Gesichtspunkt des Schuldbeitritts zu den Verpflichtungen der Beklagten zu 1. in Anspruch genommen. Außergerichtlich hat die Beklagte zu 2. die Aufrechnung mit Darlehensansprüchen erklärt, welche der Kläger unter Berufung auf ein vertragliches Aufrechnungsverbot sowie Insolvenzanfechtung für unzulässig bzw. unwirksam hält.
Die T AG ist eine Holdinggesellschaft mit ursprünglich 29 Tochtergesellschaften. Diese befinden sich zurzeit im Insolvenzverfahren oder sind bereits liquidiert worden. Die T AG war börsennotiert mit einem Grundkapital von 36 Mio. DM. Mit Beschluss vom 1. Juli 2002 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
Bis Anfang 2000 gehörte die T AG zum F-Konzern, dessen zentrale Holdinggesellschaft die Beklagte zu 1. war. Unter der Beklagten zu 1. existierten fünf operativ tätige Beteiligungsgesellschaften (C. AG, T AG, M AG, S AG, I GmbH) mit jeweils einer größeren Anzahl von Tochtergesellschaften. Darüber hinaus war die Beklagte zu 1. zu 88% an der F Beteiligungen (im Folgenden F GmbH) beteiligt, welche ihrerseits eine Beteiligung von 99,96% an der I GmbH hielt. Die F GmbH entfaltete keine operative Geschäftstätigkeit und diente als „Drehscheibe” für die Verteilung der Gelder innerhalb des Konzerns. An der M AG hielt die Beklagte zu 1. eine Beteiligung von 75%, an der S AG von 100%. Die Beteiligung an der C. AG erfolgte mittels der N Holding GmbH (eine weitere hundertprozentige Tochter der Beklagten zu 1.). An der T AG hielt die Beklagte zu 1. eine Beteiligung von 75%, die restlichen Aktien befinden sich in Streubesitz.
Gesellschafter der Beklagten zu 1. waren die Gebrüder N zu je 40% sowie die J GmbH zu 20%.
Im Jahr 1998 geriet der F-Konzern in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Gebrüder N wurden wegen des Verdachts gesellschaftsrechtlicher Bilanzdelikte, der Steuerhinterziehung sowie von Verstößen gegen das Börsen- und Wertpapierhandelsgesetzes verhaftet. Nach Bekanntwerden dieser Vorwürfe gegen die Gebrüder N beauftragte der Aufsichtsrat der T AG im Dezember 1998 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft U AG mit der Überprüfung des Jahresabschlusses 1997/1998 der T AG sowie des Teilkonzern-Abschlusses der T AG für das Jahr 1997/1998. Dabei wurde mit Bericht vom 27.01.1999 ein Wertberichtigungsbedarf für die T AG von TDM 66.702 und für den Teilkonzern von TDM 111.982 festgestellt. In einem späteren, zweiten Bericht derselben Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde für die T AG ein Wertberichtigungsbedarf von nunmehr TDM 83.865 und für den Teilkonzern von nunmehr TDM 136.177 ermittelt.
Im April 1999 wurde auf Konzernebene ein mit „Sanierungskonzept” überschriebenes Krisenpapier über die Neustrukturierung des F-Konzerns erarbeitet. Hierbei wurde für die T AG ein Liquiditätsbedarf von 40 Mio. DM zum 30. Juni 1998 ermittelt. Für das operative Geschäft aller Gesellschaften sollte durch D ein Sanierungskonzept erarbeitet werden. Parallel erarbeitete die T AG auf Teilkonzernebene ein mit „Sanierungskonzept und Prämissen der Unternehmensplanung” überschriebenes Papier, welches neben operativen Maßnahmen (Personalbbau bei der T AG um 259 Stellen, Verringerung der Anzahl operativ tätiger GmbHs von 30 auf 13) eine Liquiditätsplanung für den Zeitraum April 1999 bis September 1999 beinhaltete.
Mit Forderungskauf- und Abtretungsvertrag vom 21.04.1999 (Anlage K 16) verkaufte und übertrug die T AG der Beklagten zu 1. eine Forderung von 31.715.283,32 DM gegen die F GmbH zum Nennbetrag der Forderung. Ausweislich eines undatierten Vertrages aus Juli 1999 (Anlage K 27) wurde der sich aus diesem Vertrag ergebende Kaufpreisanspruch der T AG gegen die Beklagte zu 1. in ein Vereinbarungsdarlehen, zur Rückzahlung fällig am 31.12.1999, umgewandelt.
Im Mai 1999 legte D einen „Bericht zur Restrukturierung der F-Gruppe” vor. Danach war die Sanierungsfähigkeit der T AG bei Bankenverzichten in Höhe von 97 – 101 Mio. DM und Umsetzung der ...