Leitsatz (amtlich)
Für das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4143 VV RVG genügt es, wenn ein vermögensrechtlicher Anspruch in Strafverfahren miterledigt wird. Das Entstehen der Gebühren nach Nr. 4143 VVRVG ist nicht von einem förmlichen Antrag nach § 406 Abs. 1 StPO abhängig
Die Tätigkeit des Pflichtverteidigers, die zu einer Einstellung des Verfahrens gern. § 153 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 2 StPO gegen Erfüllung einer Auflage zur Schadenswiedergutmachung führt, führt zwar zur Gebühr Nr. 4143 VV RVG, darauf erstreckt sich der Umfang der Beiordnung des Pflichtverteidigers jedoch nicht.
Verfahrensgang
AG Helmstedt (Entscheidung vom 31.01.2012; Aktenzeichen 10 Ds 901 Js 57404/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Helmstedt vom 31.01.2012 (10 Ds 901 Js 57404/10) wird verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Am 24.01.2011 wurde gegen die Mandantin des Beschwerdeführers, die Angeklagte X., Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Helmstedt erhoben. Am 07.02,2011 zeigte Rechtsanwalt Y. aus Helmstedt die Vertretung der Geschädigten an. Er beantragte, die Nebenklage zuzulassen, der Nebenklägerin für die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihn für die Vertretung der Nebenklage beizuordnen. Mit Beschluss vom 10.02.2011 ließ das Gericht die Geschädigte als Nebenklägerin zu, ordnete ihr Rechtsanwalt Y. bei und bewilligte hierfür Prozesskostenhilfe (§ 397a Abs. 2 StPO). Nach Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Helmstedt vom 17.02.2011 beantragte der Beschwerdeführer seine Beiordnung als notwendiger Verteidiger. Die Beiordnung erfolgte mit Beschluss des Amtsgerichts Helmstedt vom 21.02.2011 gern. § 140 Abs. 2 S. 2 StPO, da auch die Nebenklägerin anwaltlich vertreten war. Mit Schriftsatz vom 11.04.2011 kündigte der Nebenklagevertreter an, einer Einstellung gern. § 153 a StPO entgegen treten zu wollen. Trotz zwischenzeitlich außergerichtlicher Geltendmachung sei die Angeklagte nicht in die zivilrechtliche Schadensregulierung eingetreten, so dass die Nebenklägerin gehalten sei, ihren Anspruch nunmehr zeitnah vor dem zuständigen Landgericht anhängig zu machen.
In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Helmstedt am 11.05.2011, die von 08.55 Uhr bis 09.20 Uhr dauerte, ließ sich die Angeklagte zur Sache ein. Das Verfahren wurde nach einem Rechtsgespräch vorläufig gem. § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt. Der Angeklagten wurde die Auflage erteilt, an die Geschädigte einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 2.500,00 Euro in monatlichen Raten von 500,00 Euro zu zahlen. Diese Auflage wurde erfüllt, so dass das Verfahren mit Beschluss des Amtsgerichts Helmstedt vom 26.10.2011 endgültig eingestellt wurde.
Mit Schriftsatz vom 23.11.2011 beantragte der Beschwerdeführer, Kosten und Auslagen in Höhe von insgesamt brutto 1.125,62 Euro festzusetzen und auszukehren. Auf die Berechnung im Einzelnen wird verwiesen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Helmstedt vom 19.01.2012 wurde die Vergütung auf 742,44 Euro festgesetzt. Dies entspricht einer Kürzung der beantragten Vergütung um 383,18 Euro. Auf die Gründe des Kostenfestsetzungsbeschlusses wird verwiesen. Mit Schriftsatz vom 29.01.2012 legte der Beschwerdeführer gegen diesen ihm am 24.01.2012 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde ein. Das Amtsgericht Helmstedt legte dies als Erinnerung aus, die es mit Beschluss vom 31.01.2012 als unbegründet verwarf. Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.
Gegen diesen ihm am 07.02.2012 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 07.02.2012, eingegangen beim Amtsgericht Helmstedt am gleichen Tage, Beschwerde ein. Das Amtsgericht Helmstedt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 21.02.2012 nicht abgeholfen und die Akte dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist zulässig gern. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1, S. 3 RVG. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Der Verteidiger hat gegen die Staatskasse keinen Anspruch auf Erstattung einer zusätzlichen Gebühr nach Ziff. 4143 VV-RVG.
1.
Durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers ist eine Gebühr nach Nr. 4143 VVRVG entstanden. Hierfür genügt es, wenn ein vermögensrechtlicher Anspruch in Strafverfahren miterledigt wird. Die Gebühr wird bereits dann ausgelöst, wenn der Rechtsanwalt beauftragt wird, vermögensrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geltend zu machen oder - wie in diesem Falle - als Verteidiger vermögensrechtliche Ansprüche des Geschädigten abzuwehren (Gerold / Schmidt, RVG, 19. A., Ziff. 4143, 4144 VV-RVG Rz. 6, Hartung/Schons/Enders, RVG, Ziff. 4143 VV-RVG Rz. 9, Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. A., Ziff. 4143, 4144 VV-RVG Rz. 9). Die Geltendmachung von Schmerzensgeld bzw. Schadensersatzansprüchen war dem Gericht durch den Nebenklagevertreter bereits vor der Hauptverhandlung schriftsätzlich bekannt ...