Nachgehend

OLG Bremen (Urteil vom 22.12.2005; Aktenzeichen 2 U 67/05)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Girokonto auf Guthabenbasis einzurichten.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Einrichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis.

Der am 03.03.1960 geborene Kläger hatte eine mehrjährige Geschäftsbeziehung zu der Beklagten. Er führte bei ihr auch ein Girokonto. Bei diesem Girokonto überzog der Kläger die eingeräumte Kreditlinie.

Des Weiteren erhielt die Beklagte zwei gegen den Kläger gerichtete Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, und zwar vom 29.01.1997 und 02.02.2001.

Aufgrund der Überziehungen der Kreditlinie kündigte die Beklagte das Girokonto des Klägers im Jahre 2003. In den AGBs der Beklagten sind zur Auflösung einer Geschäftsbeziehung folgende Regelungen getroffen:

„Nr. 26 – Kündigungsrecht

(1) Ordentliche Kündigung

Sowohl der Kunde als auch die Sparkasse können die gesamt Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit keine abweichenden Vorschriften oder anderweitigen Vereinbarungen entgegenstehen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen.

(2) Kündigung aus wichtigem Grund

Ungeachtet anderweitiger Vereinbarungen können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse […] jederzeit fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, aufgrund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann. Dabei sind die berechtigten Belange des anderen Vertragspartners zu berücksichtigen. Für die Sparkasse ist ein solcher Kündigungsgrund insbesondere gegeben, wenn aufgrund der nachfolgend beispielhaft aufgeführten Umstände die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden oder der Ansprüche der Sparkasse […] gefährdet wird: […]”

Der Kläger glich die Überziehungen später durch mit der Beklagten abgesprochene Raten aus, so dass Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus dieser Geschäftsbeziehung nicht mehr bestehen.

Da der Kläger jedoch anderweitig Schulden hat, steht er inzwischen unter dem Beistand und der Betreuung der Schuldnerberatung. Er verfügt über kein Girokonto mehr. Ein Versuch, ein Girokonto auf Guthabenbasis bei der Beklagten zu eröffnen, scheiterte. Auch auf Nachfrage durch die Schuldnerberatung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 09.12.2003 die Einrichtung eines Kontos auf Guthabenbasis weiterhin ab.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Bremen (Geschäfts-Nr.: …) wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 88 d. A.). Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Kläger sind somit untersagt, bereits eingeleitete Maßnahmen werden einstweilen eingestellt. Dem Kläger wurde in dem Beschluss insb. aufgegeben:

„III. Soweit der Antragsteller pfändbares Einkommen und Vermögen erlangt, wird ihm untersagt, hierüber zu verfügen. Pfändbares Geld hat er auf einem gesonderten Bankkonto zu halten. Das Bankkonto ist mit einem Sperrvermerk in der Weise einzurichten, dass Verfügungen nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts erfolgen dürfen. Von der Einrichtung des Kontos und eingehenden Geldern hat er das Insolvenzgericht unter Beifügung der Belege unverzüglich zu unterrichten.”

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei einer von dem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) ausgesprochenen Empfehlung „Girokonto für Jedermann” beigetreten und erkläre dieses auch auf ihrer Homepage.

Der Kläger meint, aus dieser Selbstverpflichtung habe er ein Recht auf Einrichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis, das gerichtlich durchsetzbar sei. Die Ausnahmeregelungen gemäß der Empfehlung, nach denen Bankinstitute im Einzelfall nicht zur Eröffnung eines Kontos verpflichtet seien, träfen auf seinen Fall nicht zu.

Außerdem vertritt der Kläger die Auffassung, dass die AGB der Beklagten diese im Falle einer antragsgemäßen Verurteilung nicht dazu berechtigen würden, das Konto sofort wieder zu kündigen, so dass sein Begehren auch nicht treuwidrig sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Girokonto auf Guthabenbasis einzurichten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, bei der ZKA-Empfehlung handele es sich lediglich um eine freiwillige Empfehlung. Eine rechtliche Verpflichtung erwachse ihr daraus nicht. Sie habe zudem zu keiner Zeit durch ihren Internetauftritt den Eindruck erweckt, dass sie der ZKA-Empfehlung beigetreten sei bzw. folgen werde.

Nach Auffassung der Beklagten würde ein Anspruch des Klägers auf der Grundlage der ZKA-Empfehlung ohnehin daran scheitern, dass es der Beklagten nicht zumutbar sei, ein Konto für den Kläger zu führen.

Der Kläger habe gegenüber der Beklagten b...

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