Verfahrensgang
AG Dessau (Beschluss vom 08.06.2005; Aktenzeichen Gs 133/05) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dessau vom 08.06.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Beteiligte hat gegen den Betroffenen in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines am 07.02.2005 begangenen Ladendiebstahls mit Bescheid vom 24.02.2005 gem. § 81 b 2. Alt. StPO die Durchführung erkennungsdienstlicher Behandlungen angeordnet und ihn zum 03.03.2005 vorgeladen. Weil der Betroffene zu diesem Termin nicht erschien, hat die Beteiligte gestützt auf § 35 Abs. 4 SOG-LSA beim Amtsgericht die Anordnung der zwangsweisen Vorführung des Betroffenen beantragt.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die nachgesuchte Anordnung stelle eine repressive Anordnung gem. § 81 b 1. Altn. StPO dar, weil sie aus einem laufenden Ermittlungsverfahren heraus erfolge und aufgrund der unzureichenden Begründung der Beteiligten die Notwendigkeit einer präventiven erkennungsdienstlichen Behandlung nicht überprüft werden könne. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten, mit der sie insbesondere geltend macht, das Amtsgericht habe die Rechtmäßigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht überprüfen dürfen, weil diese in Bestandskraft erwachsen sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 2 Satz 2 SOG-LSA i.V.m. § 7 Abs. 1 FEVG statthaft. Die Beteiligte ist gem. § 7 Abs. 2 FEVG beschwerdebefugt. Gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 FGG ist die Zivilkammer zur Entscheidung berufen.
Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antrag zurecht zurückgewiesen. Die Voraussetzungen einer erkennungsdienstlichen Behandlung gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 SOG-LSA und einer hierauf gestützten zwangsweisen Vorführung des Betroffenen gem. § 35 Abs. 4 SOG-LSA liegen nicht vor.
Der Anwendungsbereich der polizeirechtlichen Vorschriften ist nach § 108 SOG-LSA nicht eröffnet. Danach findet gegen Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens § 21 SOG-LSA keine Anwendung, solange § 81 b StPO gegen diese Person Maßnahmen zu Zwecken des Erkennungsdienstes zulässt. § 21 SOG-LSA ermächtigt deshalb zwar zur erkennungsdienstlichen Behandlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben. Ist wegen der Straftat jedoch ein Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden und dieser deshalb Beschuldigter, ist § 81 b StPO jedenfalls bis zum Abschluss des Verfahrens vorrangig, weil sich § 21 SOG-LSA nur auf Personen bezieht, die nicht dem strafprozessualen Beschuldigtenbegriff unterfallen. Ob der Vorrang für die präventiv-polizeiliche erkennungsdienstliche Behandlung gem. § 81 b 2. Alt. StPO auch dann noch besteht, wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt, der Beschuldigte rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden oder schuldunfähig ist, kann offen bleiben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, Rdn. 7 zu § 81 b m.w.N.; Krause in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl. 2004, Rdn. 8 f. zu § 81 b). Denn der mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesene Antrag der Beteiligten ist aus einem laufenden Ermittlungsverfahren gestellt worden. Unerheblich ist insoweit, ob die erkennungsdienstlichen Maßnahmen für den Abschluss des konkreten Ermittlungsverfahrens hier deshalb entbehrlich sind, weil der Beschuldigte geständig ist. Ermächtigungsgrundlage ist vielmehr ausschließlich § 81 b StPO, weil die Vorschrift die erkennungsdienstliche Behandlung auch ohne Zweckbestimmung im Hinblick auf ein bestimmtes Strafverfahren aus präventiven Gründen zur vorsorglichen Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die Erforschung und Aufklärung von Straftaten gestattet (allg. Ansicht, vgl. nur Krause in Löwe-Rosenberg, a.a.O. Rdn. 3 zu § 81 b; Meyer-Goßner, a.a.O. Rdn. 3 zu § 81 b StPO).
Entgegen der von der Beteiligten vertretenen Auffassung besteht keine Bindung der Kammer an den Bescheid vom 24.02.2005, mit dem die Vorladung des Betroffenen zur erkennungsdienstlichen Behandlung angeordnet worden ist. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob ein auf §§ 21, 35 SOG-LSA gestützter Bescheid nicht ohnehin bereits wegen Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage gem. § 44 Abs. 1 VwVfG – LSA nichtig wäre. Denn die Beteiligte hat ihre – ihrer Auffassung nach unanfechtbare – Entscheidung gerade nicht auf die Vorschriften des SOG-LSA, sondern statt dessen ausweislich der Betreffzeile ausdrücklich auf § 81 b 2. Alt. StPO gestützt.
Ob die Rechtmäßigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81 b 2. Alt. StPO gem. §§ 23, 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG oder in entsprechender Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO zu überprüfen ist (Krause in Löwe-Rosenberg, a.a.O. Rdn. 32 ff. zu § 81 b) ist im Beschwerdeverfahren gleichfalls nicht zu entscheiden. Denn vor Anklageerhebung bedarf es weder zur Anordnung noch zur ...