Leitsatz (amtlich)

Einem Antrag auf richterliche Anordnung der zwangsweisen Vorführung für die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen fehlt das Rechtschutzbedürfnis, wenn dies bereits nach § 81b Alt. 2 StPO der Polizei unmittelbar gestattet ist.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Beschluss vom 14.10.2005; Aktenzeichen 7 T 226/05)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Dessau vom 14.10.2005 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A. Aus Anlass eines gegen den Betroffenen wegen des Verdachts eines am 7.2.2005 verübten Ladendiebstahles eingeleiteten Ermittlungsverfahrens ordnete die Beteiligte die erkennungsdienstliche Behandlung des Betroffenen an und lud diesen zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Maßnahme mit Bescheid vom 24.2.2005 vor. Die Beteiligte hat die Vorladung auf § 81b Alt. 2 StPO und § 35 Abs. 1 S. 2 SOG LSA gestützt und zur Begründung ausgeführt, dass aufgrund der Begehungsweise in dem Anlassverfahren und der darüber hinaus vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse zu erwarten sei, dass der Betroffene auch zukünftig wegen Vermögensdelikten erneut straffällig werde und daher in den Kreis der Tatverdächtigen bei vergleichbaren Delikten einzubeziehen sei.

Da der Betroffene der Vorladung nicht Folge leistete, beantragte die Beteiligte unter dem 1.4.2005 bei dem AG Dessau einen richterlichen Beschluss zur zwangsweisen Vorführung des Betroffenen zum Zwecke der Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO. Das angerufene AG hat die beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung als eine repressive Strafverfolgungsmaßnahme im Rahmen des anhängigen Strafverfahrens eingeordnet, seine Zuständigkeit zum Erlass des Vorführbefehles verneint und den Vorgang unter dem 6.4.2005 an die Beteiligte zurück gereicht. Die Beteiligte hat daraufhin im Rahmen einer "Gegenvorstellung" ihren Antrag auf Erlass eines Vorführbefehls zum Zwecke der Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gem. § 81b Alt. 2 StPO wiederholt und zusätzlich daneben eine Durchsuchungsanordnung beantragt.

Mit Beschl. v. 8.6.2005 hat das AG den Antrag der Beteiligten zurück gewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich vorliegend um eine repressive Strafverfolgungsmaßnahme i.S.d. § 81b Alt. 1 StPO handele, für deren Anordnung nicht das Gericht, sondern die Staatsanwaltschaft zuständig sei. Die Beteiligte habe im Übrigen trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts bei der Darstellung der Rückfallanfälligkeit des Betroffenen versäumt, im Einzelnen konkret darzulegen, wie die aufgeführten Verfahren abgeschlossen worden seien. Das Gericht sehe sich daher außerstande, die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b StPO zu überprüfen.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte mit einem am 16.6.2005 bei dem LG Dessau eingegangenen Gesuch sofortige Beschwerde eingelegt.

Sie hat die Ansicht vertreten, die zwangsweise Vorführung sei nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung zulässig. Das AG habe daher zu Unrecht die Anordnung der zwangsweisen Vorführung abgelehnt. Insbesondere sei in der beabsichtigten Maßnahme keine repressive Strafverfolgungsmaßnahme zu erblicken, sondern eine Maßnahme der Gefahrenabwehr. Insofern hat sie vorgetragen, die beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung habe nicht der Überführung des Beschuldigten im laufenden Ermittlungsverfahren dienen sollen. Für die Ermittlungen in dem anhängigen Strafverfahren seien die Daten vielmehr nicht nötig, da der Betroffene am Tatort auf frischer Tat entdeckt und identifiziert habe werden können. Die Maßnahme habe daher ausschließlich - präventiv polizeilich und ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - eine vorsorgende Bereitstellung sächlicher Hilfsmittel für die Erforschung und Aufklärung zukünftiger Strafdelikte bezweckt. Da die der zwangsweisen Vorführung zugrunde liegende Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung vom 24.2.2005 zwischenzeitlich in Bestandskraft erwachsen sei, sei der Bescheid einer erneuten materiell rechtlichen Überprüfung durch das AG im Rahmen des Vollziehungsverfahrens entzogen.

Die 7. Zivilkammer des LG Dessau hat mit Beschl. v. 14.10.2005 die sofortige Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen.

Eine zwangsweise Vorführung des Betroffenen sei nach § 35 Abs. 4 SOG LSA nicht gerechtfertigt, da im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren, in dem der Betroffene als Beschuldigter geführt werde, eine erkennungsdienstliche Maßnahme nicht auf § 21 Abs. 1 SOG LSA gestützt werden könne. Da wegen einer Straftat gegen den Betroffenen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, sei jedenfalls bis zum Abschluss dieses Verfahrens § 81b Alt. 2 StPO vorrangig (§ 108 SOG LSA). Das Beschwerdegericht sei zudem nicht an den Bescheid der Beteiligten vom 24.2.2005 gebunden. Dabei könne dahin gestellt bleiben, ob die Vorladung nicht ohnehin wegen Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage i.S.d. § 44 VwVfG LSA nichtig s...

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