Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde des Betroffenen gegen die Verweigerung von Akteneinsicht im Bußgeldverfahren ist nach Verurteilung des Betroffenen gegenstandslos.

 

Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgericht Dessau-Roßlau vom 04.07.2012 wird für erledigt erklärt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts Dessau-Roßlau bezüglich ihres Gesuchs auf Einsicht in die Bedienungsanleitung der bei einer Geschwindigkeitsmessung zur Bestimmung der von ihr gefahrenen Geschwindigkeit eingesetzten Messeinrichtung.

Einen derartigen Antrag hatte die Beschwerdeführerin bereits zuvor gestellt, der jedoch durch die Verwaltungsbehörde abgelehnt worden war. Auch der nachfolgende Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 17.02.2012 verworfen (Blatt 47448 d.A.). Zur inhaltlichen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 03.07.2012 beantragte die Betroffenen erneut, diesmal gegenüber dem Amtsgericht, die Einsicht In die Bedienungsanleitung. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 04.07.2012 wurde auch dieser Antrag unter Bezugnahme auf die Gründe des zuvor ergangenen gerichtlichen Beschlusses zurückgewiesen (Blatt 66 d.A.),

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Betroffenen vom 04.07.2012 (Blatt 73 - 75 d.A,), über die hier zu entscheiden ist,

Am 05.07.2012 fand die Verhandlung beim Amtsgericht Dessau-Roßlau statt, bei der die Betroffene neben der Aussetzung des Verfahrens erneut die Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung beantragte, Der Antrag wurde als Anlage 1 zum Protokoll genommen (Blatt 86 - 87 d.A.).

Mit Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßllau vom 05.07.2012 wurde die Betroffene wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 Km/h bei gefahrenen 57 Km/h zu einer Geldbuße von 200 € verurteilt Gegen dieses Urteil beantragte die Betroffenen mit Schriftsatz vom 11.07.2012 die Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Auf Anfrage des Gerichts teilte sie mit Schriftsatz vom 18.07.2012 auch mit, dass sie die Beschwerde vom 04.07.2012 nicht zurücknehme.

Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau hatte Gelegenheit zur Stellungnahme und beantragt die Verwerfung der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde war für erledigt zu erklären, da sie prozessual überholt und damit unzulässig ist.

Dabei kann hier dahinstehen, ob die Kammer, wie in einem ähnlichen Verfahren in 2011, unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusse die Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung beschlossen hätte (vgl. die Entscheidung vom 24.05.2011, 6 Qs 101/11, Blatt 76, 77 d.A.).

Denn mit Durchführung der mündlichen Verhandlung und hier erfolgter erneuter Antragstellung auf Einsichtnahme sowie der nachfolgenden, die erste Instanz abschließenden, Entscheidung des Amtsgericht ist die Beschwerde der Betroffenen vorn 04.07.2012 (Blatt 73 - 75 d.A.) prozessual überholt.

Die Rechtsmittel der StPO dienen der Beseitigung einer gegenwärtigen, fortdauernden Beschwer. Eine Maßnahme, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann, ist daher grundsätzlich unanfechtbar (Vgl. MeyerGoßner, StPO, 54. A., vor § 296 StPO, Rn. 17 m.w.N.).

In der vorliegenden Sache würde eine Entscheidung der Kammer bei Erfolg des Beschwerdevorbringens der Betroffenen ein Recht auf Einsicht in Unterlagen gewähren, die sie insbesondere zur Vorbereitung der gerichtlichen Verhandlung für erforderlich erachtet hat, die aber bereits stattgefunden und mit dem Urteil, mithin einer die Instanz abschließenden Entscheidung, geendet hat. Mithin wäre eine positive Entscheidung der Beschwerdekammer für die Betroffenen bedeutungslos, da diese nicht das bereits erlassene Urteil des Amtsgerichts beseitigen kann.

Die Betroffenen wird hierdurch auch nicht rechtlos gestellt, zumal sie im Rahmen der von ihr verfolgten Rechtsbeschwerde auch rügen kann, dass ihr diese Einsicht verwehrt wurde, Ihr gegenüber mitin der Grundsatz eines fairen Verfahrens möglicherweise verletzt wurde.

Denn insoweit gelten für die Rechtsbeschwerde die Grundsätze der Revision, § 79 Abs. 3 OWiG. Zwar kann grundsätzlich auch die Revision nicht auf eine Verweigerung von Akteneinsicht gestützt werden. Hier ist aber in der mündlichen Verhandlung ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt worden, der durch den Richter nicht beschieden wurde, was einer Ablehnung gleichkommt (Meyer-Goßner, a.3.0.,§ 228 StPO, Rnr. 17). In derartigen Fällen kann die Revision und auch die Rechtsbeschwerde auf § 338 Nr. 8 StPO gestützt werden (Meyer-Goßner, a.a.O., § 147 StPO, Rn. 42 m.w.N.). Dies insbesondere, soweit eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung gegeben ist z.B. durch eine unterlassenen Aktenbeiziehung, die mit der hier unterlassenen Beiziehung der Bedienungsanleitung vergleichbar ist und damit insgesamt die Gefahr der Verletzung der Grundsätze eines fairen Verfahrens zu besorgen ist (Meyer-Goßner, a.a.O., § 338 StPO, Rnr. 59,60).

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