Verfahrensgang
AG Detmold (Beschluss vom 24.06.1997; Aktenzeichen 21 (10) K 43/96) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Das Amtsgericht wird angewiesen, dem Verfahren Fortgang zu geben.
Der Schuldner hat die Kosten des Beschwedeverfahrens zu tragen.
Gründe
Die nach Nichtabhilfe durch den Richter des Amtsgerichts als sofortige Beschwerde zu behandelnde befristete Erinnerung ist zulässig (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Rechtspflegergesetz, 793, 577 Abs. 2 ZPO) ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Das Amtsgericht hat das Verfahren zum Zwecke der Zwangsversteigerung aufgehoben, weil angesichts der gegebenen Wertverhältnisse und Vorbelastungen eine Befriedigung der Gläubigerforderung nicht möglich sei; aus diesem Grunde fehle auch das Rechtsschutzinteresse. Dem ist nicht zu folgen.
Die Frage, ob eine für den betreibenden Gläubiger aussichtslose Zwangsversteigerung zu einer Aufhebung des Verfahrens vor einem Zwangsversteigerungstermin führen kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (dafür: Landgericht Bielefeld, Rechtspfleger 1987, 424; Landgericht Düsseldorf, Rechtspfleger 1987, 210, Wieser, Rechtspfleger 1985, 96; dagegen: OLG Hamm, Rechtspfleger 1989, 34; LG Krefeld, Rechtspfleger 1996, 120; LG Stade, LG Aachen, LG Göttingen, alle Rechtspfleger 1988, 420; Zeller-Stöber, ZVG, 14. Aufl., Einleitung, Rdnr. 48.8. m.w.N.). Die Kammer folgt der zuletzt genannten – jetzt wohl auch vorherrschenden – Ansicht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluß läßt sich die Aufhebung des Verfahrens nicht mit einer analogen Anwendung des § 803 Abs. 2 ZPO begründen. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift ist im Verfahren nach dem ZVG nicht möglich, weil das Gesetz insoweit keine Lücke enthält. In § 77 Abs. 2 ZVG ist bestimmt, daß das Verfahren aufgehoben wird, wenn die Versteigerung in einem zweiten Termin ergebnislos bleibt. Damit ist deutlich, daß der Gesetzgeber den Fall der ergebnislosen Zwangsversteigerung sehr wohl gesehen, aber anders als in der ZPO geregelt hat. Im Zwangsversteigerungsverfahren kann die Ergebnislosigkeit des Verfahrens erst im Zwangsversteigerungstermin festgestellt werden kann. Hinzu kommt, daß im voraus es nicht zuverlässig angegeben werden kann, ob die Zwangsversteigerung wegen hoher Vorbelastungen, die dem betreibenden Gläubiger vorgehen, aussichtslos sein wird. Es besteht die Möglichkeit, daß besserrangige Gläubiger wegfallen, aus persönlichem Interesse höherrangige Gebote abgegeben werden oder eine Vereinbarung abweichender Steigerungsbedingungen erfolgt. Es können auch im Verlaufe des Verfahrens Vorbelastungen wegfallen oder der Fall eintreten, daß die im Grundbuch ausgewiesenen Eintragungen nicht (mehr) den tatsächlichen Belastungen des Grundstücks entsprechen.
Auch wenn sich das Grundstück infolge hoher Vorbelastung oder sonstiger Umstände voraussichtlich nur sehr schwer oder derzeit noch nicht veräußern läßt, kann dem Versteigerungsantrag auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Zeller/Stöber, ZVG, 14. Aufl., Einleitung, Rdnr. 48.8). Das ZVG setzt mit den Sondervorschriften über Verfahrensaufhebung nach zweimaliger Einstellung (§ 30 Abs. 1 ZVG) oder nach zweimaligem Versteigerungsversuch (§ 77 Abs. 2 ZVG) selbst Grenzen. Wer innerhalb dieser Grenzen das Gericht in Anspruch nimmt, handelt nicht rechtsmißbräuchlich. Sollte im Einzelfall aufgrund außergewöhnlicher Umstände die Zwangsvollstreckung für den Schuldner eine besondere Härte bedeuten, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist, hat er die Möglichkeit, Vollstreckungsschutz gem. § 765 a ZPO zu beantragen. Eine darüberhinausgehende Berücksichtigung seiner Interessen, z.B. durch eine Anwendung des § 765 a ZPO von Amts wegen, ist nicht geboten. Das Gesetz sieht vor, daß gegen denjenigen, der seine Verbindlichkeiten nicht begleicht, nach Erwirken eines vollstreckbaren Titels die Vollstreckung betrieben werden kann. Die hiermit unvermeidbar verbundenen Nachteile müssen in Kauf genommen werden (vgl. auch LG Münster, MDR 1989, 77).
Fundstellen
Haufe-Index 1337420 |
KTS 1998, 212 |
Rpfleger 1998, 35 |