Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen des Ausschlußtatbestandes der Geistes-oder Bewußtseinsstörung in der privaten Unfallversicherung.

2. Zur Beweiswürdigung bei abweichenden Unfalldarstellungen der versicherten Person.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser genommenen Unfallversicherung in Anspruch, der die AUB 2000 zugrunde liegen.

Ziffer 5.1, 5.1.1 der AUB 2000 lautet:

"Kein Versicherungsschutz besteht für folgende Unfälle:

Unfälle der versicherten Person durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der versicherten Person ergreifen.

Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn diese Störungen oder Anfälle durch ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht waren."

Am 26.03.2007 stürzte die Zeugin I, Ehefrau des Klägers und mitversicherte Person, als sie eine Blumenampel aufhängen wollte. Wegen der Einzelheiten der Unfallörtlichkeit wird auf die Anlage A 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 23.06.2008, Bl. 55 ff. der Akten, Bezug genommen.

Die Einzelheiten des Unfallherganges sind zwischen den Parteien streitig.

Unstreitig erlitt die Klägerin Trümmerbrüche am rechten und linken Handgelenk, die nicht folgenlos ausheilten.

Die Zeugin füllte die Seite 1 des Unfallberichtes für die Beklagte vom 14.04.2007 aus. In die Spalte "bekannte oder mutmaßliche Unfallursache" trug sie ein: "schwindelig geworden". Als Tätigkeit bei Unfalleintritt gab sie an: "Blumenampel aufhängen". Die unter Ziffer 3. geforderte Schilderung des Unfallherganges gab sie wie folgt ab:

"Beim Aufhängen einer Blumenampel im Vorhaus wurde mit plötzlich schwarz v. d. Augen, wodurch es zu dem schweren Sturz kam. Ich schlug mit dem Kopf gegen den Türpfosten - Platzwunde neben li. Auge, anschließend 3 Steinstufen hinunter. Hierbei brach ich mir das re. Handgelenk + das linke Handgelenk (Trümmerbruch + mehrere Blutergüsse)."

Die unter Ziffer 13. gestellte Frage: "Bestehen oder bestanden unabhängig von den Folgen des jetzigen Unfalls Krankheiten oder Gebrechen?" beantwortete sie mit "nein".

Aufgrund der Angaben der Klägerin zum Unfallhergang im Unfallbericht lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung unter Berufung auf den Ausschlussgrund Bewusstseinsstörungen mit Schreiben vom 16.07.2007 ab. Darauf antwortete die Zeugin I mit Schreiben vom 19.07.2007 wie folgt:

"Ich bin entsetzt und unendlich traurig über ihren heute erhaltenen Brief mit der Unterstellung einer Bewusstseinsstörung. Noch nie in meinem Leben habe ich unter einer solchen Störung gelitten.

Es geht aus meiner Darstellung des Unfallherganges auch hervor, dass ich mit dem Kopf gegen den Pfeiler schlug. Dies, und das ist mein Fehler, habe ich nicht mitgeteilt, ist durch das Abrutschen meines Fußes von der Treppe passiert. Nur durch das Aufschlagen mit dem Kopf an den Pfeiler wurde mir schwarz vor den Augen.

So etwas kann jedem passieren. Ich habe ständig Schmerzen in den Händen und nie wieder wird meine linke Hand wieder so einsatzfähig wie zuvor. Die Platte musste schon entfernt werden, zwei Finger sind noch immer taub und in der rechten Hand habe ich noch zwei Schrauben. Viel würde ich dafür geben, wenn dieser Unfall nicht passiert wäre.

Ich bitte Sie nun ganz herzlich Ihre Entscheidung nochmals zu überdenken.

Es liegt mir nichts an der erzwungenen Mithilfe für eine Zahlung durch ein Gericht, ich hoffe einfach auf die Glaubwürdigkeit meiner Darstellung und Ihrer Gerechtigkeit.

Bewusstseinsstörungen habe ich noch nie gehabt, das kann ich Ihnen versichern."

Die Beklagte lehnte weiterhin Leistungen aufgrund des Ausschlusses ab.

Der Kläger behauptet, die Zeugin habe sich beim Einhängen der Blumenampel strecken müssen. Hierbei sei sie auf der Stufe der Treppe abgerutscht. Dabei sei sie mit dem Kopf gegen einen hölzernen Türpfeiler gestoßen. Dieser Anstoß sei so heftig gewesen, dass es der Zeugin schwarz vor den Augen geworden sei. Sie sei dann 3 Steinstufen hinabgestürzt und habe sich die Handgelenke gebrochen.

Der Kläger meint, die Unfalldarstellungen seien nicht widersprüchlich. Der geschilderte Unfallhergang im Unfallbericht vom 14.04.2007 sei von der Beklagten falsch interpretiert worden. Die Darstellungen unterschieden sich lediglich in ihrem Umfang.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Leistungen aus der Unfallversicherung Nr. ########## wegen des Unfalls der Frau I vom 26.03.2007, 19.50 Uhr, Am T ##, in A zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Darstellung des Unfalls in dem Unfallbericht sei zutreffend. Sie hält die dortige Unfallschilderung für eindeutig.

Die Beklagte beruft sich ferner auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung (Falschangaben zum U...

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