Leitsatz (amtlich)
1. Gibt ein Versicherer pflichtwidrig ein von ihm im Rahmen der Leistungsprüfung eingeholtes Gutachten nicht an den VN heraus, kann er nach Treu und Glauben gehindert sein, sich gegenüber dem Anspruch auf die Versicherungsleistung auf Verjährung zu berufen.
2. Das pflichtwidrige Unterlassen der Herausgabe muß dabei für den Eintritt der Verjährung kausal sein. Dies ist zumindest dann nicht der Fall, wenn das Gutachten noch etwa ein halbes Jahr vor Ablauf der Verjährungsfrist herausgegeben wird.
Normenkette
VVG a.F. § 12 Abs. 1; BGB §§ 213, 242
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von bis zu 80.000,00 € dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser Anfang 2006 für das Restaurant B in T genommenen gebündelten Geschäftsinhaltsversicherung in Anspruch.
Der Kläger behauptet, es sei während der Betriebsferien zwischen dem 07.07.2006 und 12.07.2006 zu einem Einbruchdiebstahl gekommen, wobei Bargeld in Höhe von 150,00 € entwendet worden sei.
Unstreitig erstattete der Kläger am 12.07.2006 Anzeige bei der Polizei. Es wurde festgestellt, dass die gesamte Einrichtung mit schwarzer Farbe oder auch weiteren Substanzen vollgesprüht war. Ausgeleerte Flaschen lagen auf dem Boden.
Gegenüber der Beklagten zeigte der Kläger den behaupteten Einbruchdiebstahl erst am 31.07.2006 an.
Die Beklagte prüfte ihre Eintrittspflicht. Sie beauftragte den Sachverständigen H. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 07.09.2006 (Anlage zur Klageschrift) fest, dass sich an dem Schließzylinder zum Küchenbereich Spuren feststellen ließen, wie sie beim Nachsperren mittels eines sogenannten Elektro-oder Handpicks erzeugt werden.
Nach weiteren Ermittlungen erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20.11.2006, dass sie mangels Nachweises des Vorliegens eines dem Grunde nach versicherten Schadensereignisses die Zahlung einer Entschädigung ablehne. Sie setzte die Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG a.F. und führte u.a. aus:
"Festzustellen bleibt insoweit, dass das äußere Bild für das Vorliegen eines dem Grunde nach versicherten Geschehensablaufs von ihrem Mandanten nicht dargelegt werden konnte. So ergibt sich bereits aus der polizeilichen Ermittlungsakte, dass an sämtlichen Zugangsmöglichkeiten zu den Geschäftsräumen keinerlei Einbruchspuren haben festgestellt werden können. Hinweise, die darauf hindeuteten, wie unbekannt gebliebene Täter in das Lokal eindringen konnten, zeigten sich nicht.
Auch weitergehende Objektuntersuchungen, durchgeführt über das Sachverständigenbüro H, ergaben, dass keine Spuren von Hebelwerkzeugen ausgebildet waren, die zum erfolgreichen Öffnen der Zugangstüren zum Objekt hätten führen können.
Ergänzend weisen wird darauf hin, dass auch die weitergehenden Untersuchungen des Schließzylinders der vom Treppenhaus zum Küchentrakt führenden Zugangstür keine Spurenmerkmale erbracht haben, die, in der Gesamtbetrachtung unserer Ermittlungen, als Nachweis für das widerrechtliche, gewaltsame Eindringen in die Versicherungsräume gewertet werden könnten."
Bezugnehmend auf eine fernmündliche Auskunft des Sachverständigen H, wonach an dem Schloss zum Restaurant manipuliert worden sei, forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte zur Übersendung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen auf. Dies lehnte die Beklagte ab. Daraufhin erhob der Kläger gegen die Beklagte Klage, gerichtet auf Herausgabe des von dem Sachverständigen H gefertigten schriftlichen Gutachtens. Die Beklagte wurde antragsgemäß mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 21.05.2008 (Aktenzeichen: 2 O 400/07) verurteilt. Das Urteil wurde rechtskräftig. Nach einer Aufforderung vom 20.06.2008 übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 30.06.2008 das Gutachten. Dieses ging am 02.07.2008 bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers ein.
Der Kläger behauptet die Höhe der Beseitigungskosten für den Vandalismusschaden mit 51.478,96 €.
Der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 51.487,96 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.11.2006 zu zahlen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die Höhe der Schäden an der technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung durch Vorlage des Gutachtens des Sachverständigenbüros M zu erteilen,
3.
nach erteilter Auskunft, die Beklagte zu verurteilen, ihm den Betrag, der sich aus der Auskunft gemäß Klageantrag zu 2. ergibt, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.11.2006 zu zahlen,
4.
nach erteilter Auskunft festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm gemäß den Bedingungen des Versicherungsvertrages (Versicherungsnummer 123373713/047) den Schaden zu ersetzen, der ihm durch den Einbruchdiebstahl/Vandalismus, der sich in der Zeit vom 03.07. bis 24.07.2006 ereignet hat, entstanden ist.
Die Beklagte beantragt...