Leitsatz (amtlich)
§ 2 Abs. IV AUB 95 - Leistungsausschluss infolge psychischer Reaktionen, Todesfalleistung, Bergungskosten auf die Todesfalleistung nach § 7 Abs. VI AUB 95
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.646,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 06.09.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 4/5 die Beklagte und 1/5 die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Bezugsberechtigte aus einer von ihrem Ehemann abgeschlossenen Unfallversicherung, der die AUB 95 zugrunde liegen. Am 03.05.2001 schied der Ehemann durch Freitod aus dem Leben. Bereits zuvor hatte der Ehemann am 24.10.2000 einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er sich eine Kopfverletzung zuzog.
Die Klägerin behauptet, der Arbeitsunfall und eine darauf beruhende Depression seien zumindest mitursächlich für den Freitod ihres Ehemannes gewesen. Sie macht mit der Klage die vereinbarte Todesfallsumme gem. § 7 VI AUB sowie die versicherten Bergungskosten gemäß BB Bergungskosten 91 geltend.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.231,80 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 06.09.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist darauf, dass zum Zeitpunkt des Unfalls vom 24.10.2000 eine Todesfallleistung von 13.000,00 DM versichert war. Sie bestreit diese Kausalität zwischen dem Unfall vom 24.10.2000 und dem Freitod und behauptet, den Freitod unter den Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 2 IV AUB. Diesen Leistungsausschluss will sie auch auf die geltend gemachten Ansprüche angewendet wissen. Schließlich macht sie Verfristung der Klage wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG geltend.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die behauptete Ursächlichkeit zwischen dem Unfall vom 24.10.2000 und dem Freitod des Ehemannes der Klägerin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen F2 vom 16.03.2004 sowie der ergänzenden Stellungnahmen zu diesem Gutachten vom 11.05.2004, 26.10.2004 sowie 08.04.2005, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen geführten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Klägerin kann als Bezugsberechtigte aus der zwischen ihrem verstorbenen Ehemann und der Beklagten abgeschlossenen Unfallversicherung die vereinbarte Todesfallsumme verlangen, da der Tod ihres Ehemannes binnen eines Jahres nach dem Unfall vom 24.10.2000 eingetreten ist und der Unfall für den Tod ursächlich war. Der Höhe nach besteht der Anspruch in Höhe von 13.000,00 DM oder 6.646,79 €, da für den Anspruch die im Zeitpunkt des Unfalles vom 24.10.2000 vereinbarte Todesfallleistung in Höhe von 13.000,00 DM maßgeblich ist und nicht - wie die Klägerin meint - die im Zeitpunk des Freitodes vom 03.05.2001 maßgebliche Todesfallleistung in Höhe von 14.000,00 DM.
1) Die Beklagte ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Todesfallleistung an die bezugsberechtigte Klägerin auszuzahlen, weil der Tod ihres Ehemannes binnen eines Jahres nach dem Unfall vom 24.10.2000 eingetreten und nach dem Gutachten des Sachverständigen F2 auf den Unfall vom 24.10.2000 zurückzuführen ist. Damit sind die Voraussetzungen von § 7 VI AUB 95 erfüllt, wonach der Anspruch auf Leistung nach der für den Tod vereinbarten Summe entsteht, wenn der Unfall innerhalb eines Jahres zum Tode führt. Die danach erforderliche Kausalität zwischen Unfall und Tod hat der Sachverständige bejahen können, nachdem er Einblick in das Obduktionsgutachten F vom 15.02.2005 nehmen konnte. Denn danach hat der Ehemann der Klägerin durch den Unfall vom 24.10.2000 nicht nur eine Schädelprellung, sondern eine strukturelle Hirngewebsläsion erlitten, die zweifelsfrei auf das Unfallgeschehen vom 24.10.2000 zurückzuführen ist. Diese Hirngewebsläsion hat zu einer erhöhten Suizidgefahr beim Kläger geführt, die sich letztendlich verwirklich hat. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war der Unfall vom 24.10.2000 sicherlich nicht die alleinige und zwangsläufige Ursache des Freitodes, er hat aber eine Kette von Risikoerhöhungen in Gang gesetzt, die letztendlich im Suizid endete. Damit hat der Sachverständige die Kausalität zwischen Unfall und Tod bejaht, so dass die Voraussetzungen von § 7 VI AUB vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass für den Freitod nicht nur die unfallbedingte Depression, sondern auch unfallunabhängige Umstände wie die berufliche Situation des Verstorbenen maßgeblich gewesen sein mögen u...