Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummietverhältnis: Mietzinsminderung bei Gesundheitsgefährdung durch Elektro-Nachtspeicheröfen
Leitsatz (redaktionell)
Gehen von Elektro-Nachtspeicheröfen Gesundheitsgefahren für den Mieter aus, die naheliegend und begründet sind, darf der Mieter die Miete mindern. Das Gefährdungspotential der Nachtspeicheröfen ist durch eine gemischt-abstrakt-konkrete Untersuchungsmethode mittels Kriterien wie Zustand, Alter und Nutzungsumfang festzustellen.
Normenkette
BGB § 537
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 30. September 1993 verkündete Urteil des Amtsgerichts … wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Ihnen steht kein Anspruch auf Restmietzinszahlung in Höhe von 566,00 DM zu. Mit Recht haben die Beklagten die Miete in diesem Umfang gemindert. Denn die Wohnung ist mangelhaft. Die in ihr stehenden Elektro-Nachtspeicheröfen befinden sich in einem Zustand, der eine Gefahr für die Gesundheit der Beklagten besorgen läßt. Das reicht aus. Eine Mietsache mit Beziehung zu einer Gefahrenquelle gilt nicht erst dann als mangelhaft, wenn der Mieter wirklich Schäden erleidet, sondern schon dann und deshalb, wenn und weil er sie nur in der Befürchtung der Gefahrverwirklichung benutzen kann (OLG Hamm, Negativer Rechtsentscheid, WM 1987, 248, 249). So liegt die Sache hier. Es besteht die naheliegende und begründete Besorgnis der Gefahr, daß die Nachtspeicheröfen Asbestfasern in einem solchen Umfang freisetzen, der die Gesundheit der Beklagten schädigt.
Daß Asbestfasern gesundheitsschädlich sind, ist anerkannt und bedarf keiner weiteren Erörterung. Folgerichtig verbietet die Gefahrenstoffverordnung inzwischen weitgehend die Herstellung und Verwendung nahezu aller Asbestartikel. Ein neben der vorhandenen allgemeinen Belastung vorhandenes zusätzliches und erhebliches Gefahrenpotential durch asbestfaserfreisetzende Nachtspeicheröfen braucht der Mieter nicht hinzunehmen.
Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob das Gefährdungspotential der Nachtspeicheröfen anhand einer gemischt-abstrakt-konkreten Untersuchungsmethode mittels Kriterien wie Zustand, Alter, Nutzungsumfang, wie sie vom Sachverständigen vorgenommen worden ist, festgestellt werden kann oder ob zusätzliche Messungen und Untersuchungen wie eine weitergehende technische Prüfung der Öfen unter Anwendung der Endoskopie, Asbestkonzentrationsmessungen und Staubkontaktprobenuntersuchungen erforderlich sind. Die Kammer hält die abstrakt-konrekte Ermittlung des Gefährdungspotentials von Nachtspeicheröfen für ausreichend. Das Gefahrenpotential hängt wesentlich vom Alter der Geräte, ihrem Zustand und ihrer Nutzung ab. Das Alter ist wesentlich, weil die Trägerstoffe schwach gebundener Asbestprodukte, wie sie in den in Rede stehenden Nachtspeichergeräten vorhanden sind, verrotten, während Asbest selbst unverrottbar ist. Das führt notwendig zu einem sich mit zunehmenden Alter erhöhenden Faserausstoß. Der technische Zustand ist von Bedeutung, da sich das Gefahrenpotential, was auf der Hand liegt, zum Beispiel bei Beschädigungen der Geräte vergrößert. Ebenso maßgeblich ist, in welcher Betriebssituation sich das Gerät befindet, ob es also zum Beispiel ständig betrieben wird oder selten, und ob die Räume, in denen es steht, mehr oder weniger genutzt werden. All diese Kriterien hat der Sachverständige in sein Punkteschema eingearbeitet. Gegen diese Methode bestehen im Grundsatz keine Bedenken, zumal sich die Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Räumen in der Fassung vom Mai 1989 (Ministerialblatt NW, Seite 1046 ff.) für die Bewertung der Dringlichkeit einer Sanierung eines entsprechenden Schemas mit ähnlichen Kriterien bedient. Angesichts dessen sind weitere Untersuchungen wie die Sichtung der Oberflächenstruktur von im Gerät liegenden, asbesthaltigen Bauteilen mittels eines Endoskops oder Staubkontaktprobenuntersuchungen – auch wenn derartige Untersuchungen zusätzliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Faserfreisetzung liefern können – nicht erforderlich. Auch Messungen der Asbestfaserkonzentration in der Raumluft sind zur sicheren Feststellung des Gefahrenpotentials grundsätzlich ungeeignet, da sie Momentaufnahmen darstellen, die je nach der geraden gegebenen Situation ein positives oder negatives Ergebnis haben können. Durch solche Momentaufnahmen kann weder festgestellt werden, ob künftig eine Gefährdung zu erwarten ist, noch, ob es in der Vergangenheit bereits zu einer unzulässigen Freisetzung von Asbeststaub gekommen ist. Denn selbst bei Asbestprodukten, bei denen der Korrosionsprozeß weit fortgeschritten ist, müssen sich keine permanent hohen Asbestfaserkonzentrationen einstellen. Gleichwohl kann es zwischendurch zu hohen Asbestfaserspitzenkonzentrationen durch impulsartige Freisetzungen kommen (Halstenberg, WM 1993, 155, 156). Hinzu kommt, daß, wie der Sachverständige vor ...