Leitsatz (amtlich)
Eine Regelung in den Versicherungsbedingungen eines Krankenversicherers, die das in den MB/KK gegebene Leistungsversprechen bei Hilfsmitteln auf solche " in einfacher Ausführung" beschränkt, ist wegen Intransparenz unwirksam, weil sie so konturlos ist, dass der Versicherte nicht verlässlich bestimmen kann, welcher Anspruch ihm zustehem soll.
Verfahrensgang
AG Dortmund (Aktenzeichen 431 C 3536/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.06.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 712,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 712,67 € die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger ist Beamter im Ruhestand und beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70 %. Er unterhält bei der Beklagten bereits seit Jahrzehnten eine private Krankenversicherung für Beihilfeberechtigte mit der Tarifbezeichnung BTI/30. Zudem hat er bei der Beklagten auch noch eine sogenannte Beihilfeergänzungsversicherung mit der Tarifbezeichnung EBT70 abgeschlossen. Die Beihilfeergänzungsversicherung dient dazu, Krankheitskosten, die nicht oder nicht mit dem vollen Prozentsatz von 70 % beihilfefähige sind, bis zur Höhe von 70 % zu erstatten. Dem Krankenversicherungsvertrag liegen die MB/KK zugrunde sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Versicherung ambulanter und stationärer Heilbehandlungskosten von beihilfeberechtigten Personen nach den Tarifen BTI und BTII sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die die Beihilfeergänzungsversicherung nach dem Tarif EBT. Die beiden zuletzt genannten Versicherungsbedingungen regeln die Erstattung von Hilfsmitteln. Danach waren erstattet die Kosten für Hilfsmittel "in einfache Ausführung". (Nur) Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Beihilfeergänzungsversicherung enthalten zu dieser Regelung einen Sternchenzusatz mit der Erläuterung: "Bei Brillenfassungen gilt z. Zt. ein Wert von bis zu 52,00 € als einfache Ausführung".
Der Kläger ist seit Jahrzehnten schwerhörig. Mittlerweile besteht eine fortgeschrittene, an Taubheit grenzende Schallempfindungsschwerhörigkeit mit beidseitigem Tinnitus. Ihm wurde ein Grad der Behinderung von 100 zuerkannt, die Schwerhörigkeit wurde dabei mit einem Einzelgrad der Behinderung von 60 berücksichtigt und führte zur Zuerkennung des Merkmals "Rf". Seit 1975 bedarf der Kläger an beiden Ohren eines Hörgerätes.
Im Juni 2008 benötigte der Kläger neue Hörgeräte, da seine alten Geräte verbraucht waren. Nach Erhalt einer entsprechenden ohrenärztlichen Verordnung probierte er bei einem Hörakustiker verschiedene Geräte aus. Das beste Hörergebnis erzielte er mit Hörgeräten der Marke Q. Mit diesen Geräten erreichte er einen Hörgewinn von 80 %. Deshalb erwarb er diese Hörgeräte zu einem Preis von 2.070,00 € pro Stück zuzüglich einer Fernbedienung. Die Beihilfe erstattete dem Kläger einen Betrag von 1.435,00 €. Auf den Erstattungsantrag des Klägers zahlte die Beklagte 600,00 € aus dem Tarif BTI/30. Zur Erläuterung führte sie aus, dass die Kosten für Hörgeräte in einfacher Ausführung (sowohl für Im-Ohr-Hörgeräte als auch für Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte) deutlich unter 1.000,00 € liegen und deshalb die Tarifleistung ausgehend von 1.000,00 € erstattet werde. Auf die Nachfrage des Klägers u.a. nach einer Erstattung aus dem Beihilfeergänzungstarif teilte die Beklagte mit, dass sie ihrer Berechnung Kosten für die Hörgeräteversäumung in Höhe von 1.000,00 € je Ohr zugrunde gelegt habe, so dass aus diesem Tarif kein Leistungsanspruch bestehe, da die Beihilfe Kosten in Höhe von 1.025,00 € je Ohr als beihilfefähig anerkannt habe.
Da der Kläger auch seinen Dienstherrn auf Gewährung einer höheren Beihilfe gerichtlich in Anspruch nimmt - das Verfahren befindet sich zur Zeit in der Berufungsinstanz -, stützt er seine Klage ausdrücklich nur auf den Tarif BTI. Er hält die Taribedingung für unklar und begehrt Zahlung weiterer 712,67 €.
Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob Mitte 2008 andere preiswerte Hörgeräte als das vom Kläger erworbene "Q" auf dem Markt waren, mit welchem der Kläger ein vergleichbares Hörergebnis hätte erzielen können der Klage in Höhe von 130,67 € stattgegeben und die Berufung für beide Parteien zugelassen. Zur Begründung der Sachentscheidung hat es ausgeführt, dass der Kläger aufgrund der vereinbarten Versicherungsbedingungen einen Anspruch auf medizinisch notwendige Heilbehandlung seiner extremen Schwerhörigkeit durch Versorgung mit einem Hörgerät in "einfacher Ausführung" habe. Solche Geräte seien nach dem eingeholten Sachverständigengutachten für 1.000,00 bis 1.200,00 € pro Ohr zu kaufen gewesen. Auf einen Anspruch ausgehend von einem Kaufpreis i.H.v. 1100 € sei der Kläger aufgrund der Versicherungsbedingungen beschränkt, wonach er einen Ansp...