Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung. Intransparenz

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von 38.025,00 € dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung, der die AUB 2004 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung) zugrunde liegen.

Die Ehefrau des Klägers L (frühere Klägerin) ist versicherte Person.

Sie verfügt über eine Couch, deren Sitzfläche sich hochklappen lässt. Darunter befindet sich ein Stauraum, den sie zum Lagern von Wäsche benutzt. Am 14.05.2007 wollte sie Wäsche aus der Couch entnehmen und klappte die Sitzfläche hoch. Üblicherweise bleibt die Sitzfläche dann in dieser Position stehen. An diesem Tage löste sich die Sitzfläche, fiel herunter und schlug auf die rechte Schulter der Klägerin. Hierdurch erlitt sie eine Schulterprellung.

Der Kläger behauptet, seine Ehefrau habe zudem eine Partialruptur im Ansatzbereich der Supraspinatussehne erlitten.

Die unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung bei ihr sei mit 30 % (von einem Armwert in Höhe von 65 % - Arm bis oberhalb des Ellenbogengelenkes - ) zu bewerten. Der Kläger errechnet daher eine Invaliditätsleistung in Höhe von 38.025,00 € (19,5 % von 195.000,00 €).

Er beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 38.025,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.01.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, Unfallverletzungen seien folgenlos ausgeheilt. Eine unfallbedingte Invalidität sei nicht verblieben. Die Schädigungen seien degenerativer Natur. Hierzu beruft sie sich auf das von ihr veranlasste Gutachten des Sachverständige I vom 06.01.2010 und 25.08.2010 (Anlagen B 7 und B 11 zur Klageerwiderung).

Zudem lägen die formellen Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung nicht vor.

Hilfsweise beruft die Beklagte sich auf die Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen, Ziffer 3 AUB 2004.

Im Übrigen habe der Kläger die Klageforderung nicht zutreffend berechnet. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin könne allenfalls ein Anspruch in Höhe von 5.550,00 € in Betracht kommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte bedingungsgemäß kein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung aus §§ 1, 179 f. VVG a. F. in Verbindung mit Ziffer 2.1 AUB 2004 zu.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Invaliditätsleistung bereits deswegen nicht zu, weil es an der formellen Anspruchsvoraussetzung einer schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung gemäß Ziff. 2.1.1.1 AUB 2004 fehlt. Bei dieser Regelung handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Anspruchsvoraussetzung, die prozessual nicht verzichtbar ist und die die Parteien allenfalls unstreitig stellen können (OLG Celle, NJOZ 2004, 612; r+s 2002, 260; OLG Frankfurt, r+s 2004, 518; OLG Hamm, NVersZ 2001, 551; LG Dortmund NJOZ 2009, 2980). An die bedingungsgemäße ärztliche Invaliditätsfeststellung sind allerdings keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Sie muss sich nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Die Feststellungen der Unfallbedingtheit eines bestimmten Dauerschadens muss auch nicht richtig sein und dem Versicherer nicht innerhalb der bestimmten Frist zugehen, sofern sie nur fristgerecht getroffen worden ist. Allerdings müssen sich aus der Invaliditätsfeststellung die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Sie muss damit die ärztliche Aussage enthalten, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden ursächlich ist, wobei die bloße Möglichkeit der Kausalität nicht ausreicht (OLG Hamm, r+s 2007, 74; MDR 2006, 1045; OLG Frankfurt, r+s 2003, 29). Auch muss die Feststellung eine Aussage zur Invalidität dem Grunde nach treffen (BGH, r+s 1997, 84).

Diesen Anforderungen genügen die von den Parteien eingereichten ärztlichen Gutachten und Berichte nicht. In dem Gutachten des I wird eine unfallbedingte Invalidität verneint. Nach dem Befundbericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis D und S vom 07.04.2010 (Anlage zur Klage) wird eine Partialruptur lediglich für möglich gehalten. Ein Bezug dieser möglichen Partialruptur zu einem Unfallereignis wird in der erforderlichen Weise nicht hergestellt. Das Schriftstück genügt daher nicht ansatzweise den Anforderungen an eine schriftliche ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität. Ähnliches gilt für das "unfallchirurgisch-orthopädische Attest" der G vom 16.06.2010 (Anlage zur Klage), nach welchem eine Partialruptur der Supraspinatussehne nicht als unfallbedingt festgestellt, sondern lediglich eine erneute Begutachtung zu dieser Frage befürwortet wird.

II.

Die Regelung zu den formellen Voraussetzungen der Invaliditätsleistung in Ziffer 2.1.1.1 AUB 2004 begegnet hier auch keinen Wirksamkeitsbedenken. Zwar hat das Oberlandesgerich...

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