Leitsatz (amtlich)
§ 81 VVG
Verzichtet der Kaskoversicherer in den AKB auf sein Leistungskürzungsrecht bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles (§ 81 VVG) und nimmt er von diesem Verzicht den "Diebstahl des Fahrzeugs"aus, bleibt der Verzicht für die übrigen an A 2.2
AKB geregelten Entwendungsfälle erhalten.
Normenkette
VVG § 81
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.342,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2009 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aus Anlass des am 09.02.2009 auf dem Betriebshof der Firma T, B #, ##### M entwendeten VW-Crafter ##-## 130 (WV##############) bedingungsgemäße Versicherungsleistungen zu erbringen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von bis zu 8.000,00 € die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin, ein Catering-Unternehmen, hat für ihr Fahrzeug VW-Crafter ##-
## 130 mit Wirkung ab dem 01.01.2009 bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 € und eine Teilkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 150,00 € abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag liegen die AKB der beklagten, Stand Oktober 2008, zugrunde.
Die Klägerin behauptet, das Fahrzeug sei zwischen dem 09.02.2009 und 12.02.2009 vom Betriebsgelände gestohlen worden. Der Zeuge B habe das Fahrzeug noch am 09.02.2009 gewaschen, es sodann auf dem Betriebsgelände abgestellt und den Fahrzeugschlüssel in das Büro des Betriebsleiters gehängt. Zu dem Fahrzeug habe es zwei Schlüssel gegeben. Einer habe sich ständig im Buchhaltungsbüro befunden, der andere sei im Büro des Betriebsleiters der Klägerin aufbewahrt worden. Üblicherweise holten sich die Fahrer den Schlüssel aus dem Büro des Betriebsleiters und trügen sich in einer Fahrerliste ein, damit dokumentiert sei, wer das Fahrzeug nutze. So sei es auch am 09.02.2009 gewesen. Am 12.02.2009 habe der Betriebsleiter bei Einteilung der Fahrzeuge festgestellt, dass der Schlüssel für ein weiteres bei der Beklagten gegen das Entwendungsrisiko versicherte Fahrzeug ##-## 124 nicht mehr vorhanden gewesen sei, wohl aber der Schlüssel für das Fahrzeug ##-## 130. Daraufhin habe er nach dem Fahrzeug ##-## 124 gesucht und festgestellt, dass sowohl dieses als auch das Fahrzeug ##-## 130 nicht mehr auf dem Betriebsgelände vorhanden gewesen seien, sondern offensichtlich entwendet worden waren.
Der Seniorchef der Klägerin lobte eine Belohnung von 6.000,00 € für die Wiederbeschaffung der Fahrzeuge aus. Zuvor war mit der Beklagten vereinbart worden, dass die Beklagte im Erfolgsfall die Auslobungssumme erstattet. Auf die Auslobung hin meldete sich ein bekannter Zuhälter aus C, mit dessen Informationen und Unterstützung das streitgegenständliche Fahrzeug wieder von Polen nach M zurückgeführt werden konnte, wenn auch mehr als einen Monat nach der Entwendung. Die Klägerin nahm das Fahrzeug dennoch zurück. Ein Täter wurde erstinstanzlich (noch nicht rechtskräftig) wegen Diebstahls der beiden Fahrzeuge verurteilt.
Mit der Klage begehrt die Klägerin Erstattung der Auslobungssumme sowie die Feststellung, dass die Beklagte zur bedingungsgemäßen Regulierung des Versicherungsfalles verpflichtet ist und Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Die Klägerin beantragt,
1.
festzustellen, dass die Beklagte zur bedingungsgemäßen Regulierung verpflichtet ist aus Anlass des am 09.02.2009 auf dem Betriebshof der Firma T, B #, ##### M gestohlenen VW-Crafter, ##-## 130 (WV##############),
2.
die Beklagte zu verurteilen, 6.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2009 zu zahlen,
3.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet die behauptete Entwendung und das dazu geschilderte äußere Bild. Sie macht Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles geltend, weil die Fahrzeugschlüssel im Fahrzeug zurückgelassen worden seien, jedenfalls jedermann Zugriff auf die Schlüssel gehabt habe. Eine Vorsorge gegen die Entwendung von Fahrzeugschlüsseln sei nicht getroffen worden. Unter Bezug auf die Ermittlungsakten führt sie aus, dass der Angeklagte die Fahrzeuge nach Polen verbracht habe, nachdem ihm zuvor die Fahrzeugschlüssel von Mitarbeitern der Klägerin übergeben worden seien. Diese Übergabe habe mehr als eine Woche vor dem Zeitpunkt stattgefunden, zu dem der Angeklagte die Fahrzeuge vom Betriebshof gefahren habe. Sie folgert daraus, dass der Angeklagte berechtigter Benutzer der Fahrzeuge gewesen sei, so dass jedenfalls eine nicht versicherte Unterschlagung vorliege. Ferner macht die Beklagte Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung (Falschangabe in der Schadensanzeige zu den Schlüss...