Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Mietvorauszahlungsklausel mit Aufrechnungsverbotsklausel

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Soll der eine Kombination von Mietvorauszahlungsklausel und Aufrechnungsverbotsklausel enthaltende Formularmietvertrag eine Ausnahme von dem Aufrechnungsverbot insoweit machen, als Bereicherungsansprüche des Mieters aus einem Recht zur Mietminderung hervorgehen, bedarf dies einer eindeutigen Formulierung.

 

Gründe

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Kläger können von den Beklagten nicht die Räumung der innegehaltenen Wohnung verlangen, weil sie das Mietverhältnis nicht wirksam fristlos gekündigt haben. Entgegen der Auffassung der Kläger haben die Beklagten jeweils vor Fälligkeit vollständig gezahlt, weil die Vorauszahlungsklausel in § 5 Ziffer 1 des Mietvertrages zur Zahlung der Miete spätestens bis zum 3.Werktag eines Monats unwirksam ist. Neben dieser Vorauszahlungsklausel heißt es in § 6 des Mietvertrages:

"1. Der Mieter kann gegen eine Mietzinsforderung mit einer Forderung aufgrund von § 538 BGB nur aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht nur ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Mietzinsfälligkeit schriftlich angezeigt hat.

Im übrigen kann der Mieter nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufrechnen und ein Zurückbehaltungsrecht nur ausüben, soweit dieses auf dem Mietverhältnis beruht.

2. Mietminderungsansprüche stehen dem Mieter nur im Rahmen des § 537 BGB zu. Bei nur unerheblicher Änderung der Tauglichkeit der Mietsache kann die Miete nicht gemindert werden."

Neben dieser Klausel ist die Vorauszahlungsklausel unwirksam, wie der BGH im Beschluß v. 26. 10. 1994 (NJW 1995, 254 =WM 1995, 28) ausgeführt hat. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an. Der BGH verweist darauf, daß sich die Miete automatisch kraft Gesetzes mindert, wenn im Laufe eines Monats ein Mangel am Mietgegenstand eintritt. Hat der Mieter den Mietzins im voraus bezahlt, so hat er in Höhe der überzahlten Miete einen Bereicherungsanspruch, mit dem er gegen die Mietforderungen in den folgenden Monaten von Gesetzes wegen aufrechnen kann. Durch die Regelung in § 6 Ziff. 1 Abs. 2 des Mietvertrages wird eine solche Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch aus überzahlter Miete, weil sich die Miete wegen eines Mietmangels gemindert hat, ausgeschlossen, sofern nicht die Berechtigung zur Minderung unstreitig ist.

Soweit der Prozeßbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung v. 28. 4. 1995 ausgeführt hat, dies gelte nach der in § 6 Ziff. 2 S. 1 des Mietvertrages verwendeten Formulierung im vorliegenden Fall nicht, vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Nach dem Wortlaut des § 6 Ziff. 1 Abs. 2 des Mietvertrages gilt der Aufrechnungsausschluß uneingeschränkt mit Ausnahme der unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen. Er erfaßt auch Ansprüche aus §§537, 812 BGB. Aus der Formulierung in § 6 Ziff. 2 des Mietvertrages läßt sich nicht entnehmen, daß Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, soweit sie aus einem Recht zur Minderung hervorgehen, von dem Aufrechnungsausschluß in § 6 Ziff. 1 Abs. 2 ausgenommen sein sollten. Vielmehr wird in § 6 Ziff. 2 des Mietvertrages lediglich auf die gesetzliche Regelung in § 537 BGB verwiesen, in § 6 Ziff. 2 S. 2 des Mietvertrages wird gleichfalls nur die gesetzliche Regelung in § 537 Abs. 1 S.2 BGB erläutert. Die beiden Sätze über die Minderung befinden sich unter einer selbständigen Ziffer in § 6 des Mietvertrages. Es läßt sich hieraus nicht entnehmen, daß damit eine Ausnahme von § 6 Ziff. 1 Abs. 2 gemacht werden sollte. Wenn eine Ausnahme von dem Aufrechnungsverbot hinsichtlich Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung, soweit sie aus einem Recht zur Minderung hervorgehen, gemäß § 6 Ziff. 2 des Mietvertrages hätte gemacht werden sollen, so ergibt sich dies jedenfalls nicht aus dem Wortlaut des § 6 Ziffer 2 des Mietvertrages. Selbst wenn dies angedeutet sein sollte, müßte eine Unklarheit gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Kläger als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen.

Da somit der von den Klägern angeführte Kündigungsgrund einer fortdauernden unpünktlichen Zahlung der Mieten nicht vorlag, ist die Kündigung der Kläger v. 8. 2. 1995 unwirksam.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1733320

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge