Leitsatz (amtlich)

Der Unfallversicherer kann seine Leistung nach § 8 AUB 88 kürzen, wenn degenerative Verschleißerscheinungen zu mindestens 25% an der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt haben, auch wenn diese unfallunabhängige Vorschädigung bis zum Unfallereignis klinisch stumm verlaufen ist und den Versicherten nicht spürbar beeinträchtigt hat.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 5.141,56 € (i. W.: fünftausendeinhunderteinundvierzig 56/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird auch die Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 4/5 der Kläger und 1/5 die Beklagte nach einem Streitwert von 14.731,46 €.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 88, durch die ein Tagegeld von 74,30 € bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit versichert ist. Am 14.01.2008 verletzte sich der Kläger das linke Knie. Der Grund hierfür ist unter den Parteien streitig.

In der Folgezeit war der Kläger arbeitsunfähig. Auf die erhobenen Ansprüche des Klägers zahlte die Beklagte zunächst einen Vorschuss von 2.000,00 € und rechnete nach medizinischer Beratung die Tagegeldansprüche des Klägers mit Schreiben vom 06.10.2008 für die Zeit vom 14.01.2008 bis 22.05.2008 mit 9.659,00 € (130 Tage à 74,30 €) ab.

Da der Kläger über den Abrechnungszeitraum hinaus weitere Tagegeldansprüche geltend machte, ließ die Beklagte durch C ein Zusammenhangsgutachten erstellen, der die beim Kläger festgestellte Arbeitsunfähigkeit nur zu 10 % auf das vom Kläger behauptete Unfallereignis und zu 90 % auf degenerative Vorschädigungen des Knies zurückführte. Diesem Gutachten folgend legte die Beklagte bei ihrer Leistungsabrechnung vom 23.12.2008 folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten zugrunde:

  • -

    Vom 14.01.2008 bis 25.05.2008 zu 100 %: 130 Tage à 74,30 €,

  • -

    vom 23.05.2008 bis 23.08.2008 zu 70 % : 93 Tage à 52,01 €,

  • -

    vom 24.08.2008 bis 30.09.2008 zu 50 % : 38 Tage à 37,15 €,

  • -

    vom 01.10.2008 bis 31.10.2008 zu 20 % : 31 Tage à 14,86 €.

Daraus errechnete sich ein unfallbedingtes Tagegeld von 16.368,29 €, von dem sie eine Quote von 10 % (unfallbedingter Anteil) anerkannte, mithin einen Betrag von 1.636,83 €. Die danach erfolgte Überzahlung von 8.022,17 € forderte sie zurück.

Der Kläger behauptet: Er sei beim Ausladen von Weißkohl auf nassem Untergrund ausgerutscht und habe sich das linke Knie verdreht. Allein deshalb sei er in der Folgezeit arbeitsunfähig gewesen. Andere als unfallbedingte Ursachen hätten an der Arbeitsunfähigkeit nicht mitgewirkt. Sein Knie sei bis zum Unfall völlig intakt gewesen. Weder sei er am Knie vorher behandelt worden noch hätte er dort Schmerzen gehabt.

Er beantragt Tagegeld entsprechend der Abrechnung der Beklagten mit Schreiben vom 23.12.2008 auf Basis einer durchgehenden 100 %-igen Unfallursächlichkeit sowie die Feststellung, dass er zur Rückzahlung erhaltener Gelder nicht verpflichtet ist.

Der Kläger beantragt,

  • 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.709,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.02.2009 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 899,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet den behaupteten Unfall im Hinblick auf eine Klinikbericht, in dem ein Ausrutschen des Klägers nicht erwähnt, sondern lediglich vermerkt ist, dass der Kläger beim Tragen von Kohlsäcken einen plötzlichen Schmerz am linken Kniegelenk erlebt habe. Sie macht die Mitwirkung degenerativer Vorschäden am Knie geltend und nimmt entsprechende Leistungskürzungen vor.

Das Gericht hat zur unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 14.01.2008 bis 31.10.2008 ein Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständige M vom 11.09.2009 nebst Erläuterung im Termin vom 28.01.2010 Bezug genommen.

Nach Vorlage des schriftlichen Sachverständigengutachtens hat sich die Beklagte dessen Ergebnisse zu eigen gemacht und die danach errechnete Überzahlung mit der Widerklage zurückgefordert.

Die Beklagte beantragt insoweit,

den Kläger zu verurteilen, an sie 5.319,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Einen ursprünglich gestellten Antrag auf Feststellung, dass der Beklagten keine Rückforderungsansprüche zustehen, hat...

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