Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Anordnung einer Durchsuchung bei einem sog. Dritten.
Verfahrensgang
AG Dresden (Entscheidung vom 06.04.2011; Aktenzeichen 270 Gs 1259/11) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 06.04.2011, Az. 270 Gs 1259/11, aufgehoben und festgestellt, dass die am 21.04.2011 durchgeführte Durchsuchung der Geschäftsräume der weiteren Beteiligten in der D.Straße in D. rechtswidrig war.
2.
Die Kosten einschließlich der notwendigen Auslagen der weiteren Beteiligten hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Das Finanzamt Freital - Bußgeld- und Strafsachenstelle - führt gegen die Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung den Zeitraum 2003-2008 und 2010 betreffend. Der in der Rechtsanwaltskanzlei der weiteren Beteiligten tätige Rechtsanwalt H. vertrat den Beschuldigten A. dem Finanzamt Dresden III steuerrechtlich und im Jahr 2008 strafrechtlich wegen des Verdachts der Geldwäsche, der ebenfalls in der Kanzlei der weiteren Beteiligten tätige Rechtsanwalt D. die Beschuldigte B wegen des Verdachts der Geldwäsche im Jahr 2008. Das Finanzamt Freital erwirkte beim Amtsgericht Dresden am 06.04.2011 einen Beschluss über die Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume der unverdächtigen weiteren Beteiligten zum Zwecke des Auffindens folgender Unterlagen:
alle Unterlagen zu dem von dem Beschuldigten A bis 31.03.2008 und von der Beschuldigten B. ab 01.04.2008 ausgeübten Fachbetrieb für Einbruchschutz sowie ihre Einkommens- und Vermögensquellen, insbesondere:
-
Buchführungsunterlagen (Bücher, Konten, Belege)
-
Aufzeichnungen über die Betriebseinnahmen und -ausgaben
-
Eingangs- und Ausgangsrechnungen, Kaufverträge, Belege und Quittungen zum Zahlungsverkehr (Zahlungsnachweise)
-
Kassenbons, Kassenbücher, Kontoauszüge und andere Belege
-
sonstige Buchführungsunterlagen, soweit diese geführt bzw. erstellt wurden (Gewinnermittlung, betriebswirtschaftliche Auswertungen, Journale)
-
Geschäftsbriefe, Notizen, interne Vermerke, Schriftwechsel
-
alle privaten Aufzeichnungen, Belege und sonstige Unterlagen der Beschuldigten B
alle privaten Aufzeichnungen, Belege und sonstigen Unterlagen des Beschuldigtem A, seiner geschiedenen Ehefrau, seiner früheren Lebensgefährtin sowie seiner Kinder X, y, z, die Aufschluss über den Umfang der Verwendung des zu ermittelnden Einkommens, mithin auch der Umsätze geben können
alle Aufzeichnungen und Belege über steuerpflichtige, nicht steuerbare oder steuerfreie Geld- und Vermögenszuflüsse v.g. Personen, insbesondere deshalb, weil dies im Rahmen einer Geldverkehrs- oder Vermögenszuwachsrechnung zugunsten der Beschuldigten Berücksichtigung finden müssen
-
sowie alle gleichartigen Unterlagen, aus denen die Entstehung oder die Verwendung von Einkünften der Beschuldigten sowie Vermögensübertragungen zwischen den Beschuldigten ersichtlich sind und die geeignet sind, den Tatvorwurf zu beweisen.
Der Beschluss stellte weiter fest, dass von der Sicherstellung ausgenommen sind, die in den § 97 StPO bezeichneten Gegenstände. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, aus der Tätigkeit der weiteren Beteiligten sei zu schließen, dass die gesuchten Sachen sich in den zu durchsuchenden Räumen der Unverdächtigen befinden. Weiter wurde die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bejaht. Die Durchsuchung wurde am 21.04.2011 vollzogen. Die Akten der weiteren Beteiligten wurden eingesehen. Eine Beschlagnahme erfolgte mangels relevanter und beschlagnahmefähiger Unterlagen nicht.
Mit Schriftsatz vom 28.04.2011 legte die weitere Beteiligte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Dresden ein. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der Beschluss und der Vollzug der Maßnahme verletze das Recht der Verteidigung und die anwaltliche Schweigepflicht. Allein der Umstand, dass sie durch die bei ihr tätigen Rechtsanwälte die Beschuldigten vertreten habe, sei nicht geeignet, die Durchsuchungsmaßnahme zu rechtfertigen. Der Beschluss gehe auch von falschen Voraussetzungen aus, da sie (die weitere Beteiligte) zu keinem Zeitpunkt die Buchhaltung oder Ähnliches für den Beschuldigten Boehm geführt habe. Die Maßnahme sei überdies unverhältnismäßig. Das Finanzamt Freital - Bußgeld- und Strafsachenstelle - hat hierzu mit Schriftsatz vom 27.05.2011 Stellung genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Insbesondere ist die weitere Beteiligte durch die angeordnete Durchsuchungsmaßnahme unverändert beschwert. Zwar ist die Durchsuchungsanordnung durch den zwischenzeitlichen Vollzug erledigt, allerdings ist bei Durchsuchungen typischerweise das Verfahren auf eine kurze Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene keinen gerichtlichen Rechtsschutz erlangen kann. Die Durchsuchung, auch eines Geschäftsraumes, stellt aber einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar, weshalb es der Grundsatz des effektiven R...