Leitsatz (amtlich)
Einem der deutschen Sprache nicht hinreichend Kundigen steht auch dann (noch) das Recht zu, Anbahnungs- bzw. Mandatsgespräche mit einem frei gewählten bzw. zu wählenden weiteren Verteidiger zu führen, wenn er bereits einen Pflichtverteidiger hat. Die dabei entstandenen Auslagen trägt grundsätzlich die Staatskasse.
Verfahrensgang
AG Dresden (Entscheidung vom 20.04.2010) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde von Rechtsanwalt K. vom 27.04.2010 wird der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 20.04.2010 aufgehoben.
2. Die beantragten Dolmetscherkosten in Höhe 107,46 EURO von sind Rechtsanwalt K. zu erstatten.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 107,46 Euro.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 23.12.2009 beantragte Rechtsanwalt K. im Ermittlungsverfahren gegen pp. die Erstattung von verauslagten Dolmetscherkosten für ein Anbahnungsgespräch in Höhe von 107,46 Euro.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 20.04.2010 wurde der Kostenfestsetzungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass der benannte Beschuldigte bereits seit 21.11.2009 von Rechtsanwalt H. als Pflichtverteidiger vertreten wird.
Gegen diese Entscheidung legte Rechtsanwalt K. am 27.04.2010 sofortige Beschwerde ein.
II.
Die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 3 RPf1G zu- lässig und in der Sache auch begründet.
Einem Beschuldigten, der der Gerichtssprache nicht mächtig ist, steht gemäß Artikel 6 Abs. 3 Lit. e EMRK für das gesamte Straf verfahren und damit auch für vorbereitende Gespräche mit einem Verteidiger die unentgeltliche Hinzuziehung eines Dolmetschers zu. Dies soll vermeiden, dass einem Beschuldigten, der die Gerichtssprache nicht versteht und sich in ihr nicht ausdrücken kann, Nachteile entstehen (BVerfG NJW 2004, 50). Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Verteidiger handelt, der als Pflicht- oder Wahlverteidiger tätig wird.
Entsprechend der Regelung des § 137 Abs. 1 StPO darf ein Beschuldigter sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes von bis zu drei Verteidigern bedienen. Dieses Recht steht auch einem der deutschen Sprache nicht hinreichend Kundigen zu. Demnach muss es gestattet sein, Anbahnungs- bzw. Mandatsgespräche mit einem frei gewählten bzw. zu wählenden weiteren Verteidiger zu führen. Die dabei entstandenen Auslagen trägt grundsätzlich die Staatskasse, ohne dass es dazu eines Ausspruchs in der Entscheidung bedarf. Nur wenn diese durch die Staatskasse nicht zu tragen sind, muss dies gemäß § 464c StPO letzter Halbsatz ausdrücklich ausgesprochen werden. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen.
Danach sind Rechtsanwalt K. die entstandenen Dolmetscherkosten für das Anbahnungsgespräch in vollem Umfang von der Staatskasse zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO analog.
Fundstellen
RVGreport 2011, 31 |
StRR 2010, 402 |
StRR 2011, 156 |