Tatbestand

Die Parteien streiten allein über (Nutzungs-)Zinsen für den Zeitraum zwischen Vornahme einer unstreitig anfechtbaren und auch angefochtenen - zwischenzeitlich zurückgeführten - Rechtshandlung (Zahlung) und Insolvenzeröffnung.

Das AG Leipzig eröffnete auf Eigenantrag der Insolvenzschuldnerin v. 11.4.2008 (Eingang Insolvenzgericht, K5) mit Beschl. v. 17.10.2008 - 402 IN 1265/08 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der PERMA Bauprojekt GmbH (Insolvenzschuldnerin) und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter(K1, K2).

Das Finanzamt Leipzig hatte mit Datum v. 3.5.2004 Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt (K3).

Mit Schriftsatz v. 24.11.2008 focht der Kläger eine Zahlung der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten in Gestalt des Finanzamts Leipzig, dort eingegangen am 3.5.2004, i.H.v. 41.428,08 EUR an (K6).

Er begehrte Zahlung von Zinsen seit Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung, mithin Eingang des Zahlungsbetrags bei dem Beklagten am 3.5.2004. Den angefochtenen Hauptsachebetrag nebst Zinsen ab Insolvenzeröffnung hat der Beklagte zurückgewährt; er ist nicht streitgegenständlich.

Die Zahlung von Zinsen für die Zeit zwischen Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung (Zahlungseingang) und Insolvenzeröffnung (4% p.a. gem. § 246 BGB), ausmachend 7.388,78 EUR verweigerte der Beklagte.

Der Kläger trägt vor, ihm stünden auch die Nutzungszinsen i.H.v. 7.388,78 EUR gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 987 Abs. 1, 246 BGB zu. In Ansatz gebracht werden könne für diesen Zeitraum ohne weiteren Nachweis der gesetzliche Zinssatz i.H.v. 4% p.a. gem. § 246 BGB.

Dem stehe nicht entgegen, dass der Fiskus beklagt sei. Auch dieser könne gem. § 819 Abs. 1 BGB als bösgläubig Bereicherter in Anspruch genommen werden: Auch für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelte die Rechtsfolgenverweisung des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO auf die §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 987 BGB. Dass dem Anfechtungsgegner die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Rückgewährbetrag gezogenen Zinsen verbleiben sollen, lasse sich mit dem Ziel einer optimalen gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung nicht vereinbaren. Auch die Nutzungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterfielen dem Grundsatz der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, 7.388,78 EUR an den Kläger zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Er trägt vor, zwar sei der Anfechtungsgegner aufgrund der Rechtsfolgenverweisung des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO der verschärften Haftung des § 819 Abs. 1 BGB unterworfen und werde daher insoweit einem bösgläubigen Bereicherungsschuldner gleichgestellt. Der Rückgewähranspruch entstehe jedoch erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daher könne auch für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 987, 246 BGB kein Anspruch auf Zahlung der Nutzungszinsen ergeben. Der Beklagte als Fiskus habe tatsächlich keine Zinsen als Nutzungen gezogen oder schuldhaft nicht gezogen.

Der zunächst bei dem LG Leipzig anhängige Rechtsstreit wurde nach Rüge der örtlichen Zuständigkeit (Schriftsatz v. 7.9.2010) aufgrund Antrags v. 15.9.2010 mit Zustimmung des Beklagten (Schriftsatz v. 20.9.2010 durch Beschl. v. 27.9.2010 an das LG Dresden verwiesen.

Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags wird auf die Akte, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, und das Verhandlungsprotokoll zu der Sitzung v. 7.1.2011 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Das LG Dresden ist bereits aufgrund der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des LG Leipzig v. 27.9.2010 zuständig (§ 281 ZPO). Es wäre aber auch sonst gem. § 18 ZPO zuständig: Der Beklagte wird vor den ordentlichen Gerichten gem. § 3 Abs. 1 VertrVO durch das Landesamt für Finanzen, seit 1.1.2011 Landesamt für Steuern und Finanzen, vertreten: In gerichtlichen Verfahren wird die Vertretung nach f. Nr. 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Vertretung des Freistaats Sachsen in gerichtlichen Verfahren (Vertretungsverordnung - VertrVO) i.d.F. der Bekanntmachung v. 27.12.1999 (SächsGVBl. 2000, S. 2), die zuletzt durch Art. 1 der VO v. 31.8.2006 (SächsGVBl. S. 462, 463) geändert worden ist, durch seine Dienststelle mit Sitz in Dresden wahrgenommen.

II.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen für den Zeitraum zwischen Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung (Zahlungseingang) und Insolvenzeröffnung zu.

1.

Die Zinspflicht für Prozesszinsen beginnt gem. § 291 Satz 1, 2. HS BGB erst mit Fälligkeit der in Rede stehenden Geldschuld (BGH, Urt. v. 1.2.2007 - IX ZR 96/04, Rn. 19): Der Rückgewähranspruch wird mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig. Das Anfechtungsrecht setzt tatbestandsmäßig die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus. Der entsprechende Anspruch kann nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Daher entsteht das Anfechtungsrecht erst mit der Eröffnung des Insolvenzver...

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