Leitsatz (redaktionell)
Bei anfechtbarem Erwerb von Geld (Zahlung von Gerichtskosten) hat auch der Fiskus als Anfechtungsgegner Zinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten. Er ist nicht gemäß auf § 5 Abs. 4 GKG, § 17 Abs. 4 KostO, § 8 Abs. 4 GvKostO befreit.
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 183,89 EUR zu zahlen.
2.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung (§ 108 ZPO) in Höhe von 110% des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit (§ 108 ZPO) in gleicher Höhe leistet.
4.
Die Berufung wird zugelassen.
5.
Streitwert: 183,89 EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zinsen aus einem Insolvenzanfechtungsanspruch.
Auf Antrag des gesetzlichen Vertreters der Komplementärin der xxx GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin), Kxxx, vom 16.06.2011 eröffnete das Amtsgericht Dresden - Insolvenzgericht - das Insolvenzverfahren über deren Vermögen und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter (K1, K2).
Die Insolvenzschuldnerin hatte auf titulierte Verbindlichkeiten (Gerichtskosten) in Raten insgesamt 5.881,00 EUR an den Beklagten in Gestalt seiner Landesjustizkasse gezahlt.
Der Kläger focht diese Zahlungen an und die Landesjustizkasse erstattete die Hauptforderung, verweigerte jedoch mit Schreiben vom 02.04.2011 (K3) die Zahlung von Zinsen hierauf, kapitalisiert in Höhe der streitgegenständlichen 183,89 EUR (K4).
Der Kläger trägt vor, der Beklagte sei gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1. 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 987 BGB auch zur Zahlung der Zinsen ab Insolvenzeröffnung verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 183,89 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er trägt unter Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichtes Dresden vom 25.05.2012 (Gz. 116 C 7504/11) vor, der Zinsanspruch bestehe nicht. Eine Verzinsung des Rückgewähranspruches aus § 143 Abs. 1 InsO sei bei Ansprüchen gegen den Fiskus wie hier durch § 5 Abs. 4 GKG, § 17 Abs. 4 KostO, § 8 Abs. 4 GvKostG ausgeschlossen. Diese Vorschriften schlössen seine Pflicht zur Verzinsung generell aus. Eine Unterscheidung hinsichtlich der für eine Verzinsung möglicherweise in Betracht kommenden unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen werde nicht getroffen. Der Ausschluß umfasse daher auch den sich aus § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO ergebenden Zinsanspruch.
Der Rechtsstreit war ursprünglich bei dem Landgericht Chemnitz anhängig und wurde auf entsprechende Rüge der örtlichen Unzuständigkeit mit Beschluß vom 22.08.2012 an das Landgericht Dresden verwiesen.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags wird auf die Akte, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, und das Verhandlungsprotokoll vom 09.11.2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Das Landgericht Dresden ist sachlich und örtlich zuständig.
Dies folgt bereits aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses (§ 281 ZPO).
Es wäre auch sonst örtlich zuständig, weil hier in Dresden die Vertretungsbehörde des Beklagten ihren Sitz hat (§ 3 Abs. 1 SächsVertrVO).
Seine sachliche Zuständigkeit folgt aus des § 71 Abs. 3 GVG i.V.m. § 16 SächsJG: Danach sind für Insolvenzanfechtungsansprüche gegen den Staat die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig. Maßgeblich abzustellen ist insoweit auf den ursprünglichen Lebenssachverhalt (hier: Begleichung einer Gerichtskostenrechnung), was ebenso wie deren Rückforderung unter das weit auszulegende Tatbestandsmerkmal "wegen öffentlicher Abgaben" zu subsumieren ist (Landgericht Dresden, Beschl. v. 15.03.2012 - 10 O 65/12; ZInsO 2012, 743 = MDR 2012, 678 = ZIP 2012, 1152 [LS]). Die höchstrichterliche Einordnung von Insolvenzanfechtungsansprüchen als bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten betrifft den Rechtsweg und nicht die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgerichten.
II.
Materiell-rechtlich steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Verzinsung der angefochtenen (und daraufhin zurückgewährten) Zahlungen (Rechtshandlungen) gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1. 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 987 BGB zu: Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner Prozeßzinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (BGH, Urt. v. 01.02.2007 - IX ZR 96/04; Urt. v. 24.05.2012 - IX ZR 125/11).
Der Beklagte - Fiskus - ist von dieser Verzinsungspflicht nicht durch § 5 Abs. 4 GKG, § 17 Abs. 4 KostO, § 8 Abs. 4 GvKostG befreit.
Auf den Rechtsgrund der ursprünglichen Zahlung kommt es hier nicht an.
Der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch ist von dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis wesensverschieden und folgt eigenen Regeln. Er verdrängt in seinem Anwendungsbereich die allgemeineren Regeln der ursprünglichen, der Zahlung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse und eröffnet dem Insolvenzverwalter eine Rückforderun...