Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Urteil vom 16.02.2022; Aktenzeichen 13 C 827/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 16.02.2022 (Az.: 13 C 827/21) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt im Wege der Beschlussersetzungsklage den Rückbau einer durch den Miteigentümer A. errichteten Erweiterung einer Terrasse.
Der Kläger ist einer von drei Miteigentümern der Wohnungseigentümergemeinschaft … in M. Der Miteigentümer A. hält das Sondereigentum an der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, die über eine Terrasse verfügt. Er erweiterte diese Terrasse ohne vorherige Zustimmung der Eigentümergemeinschaft unter Entfernung der bisherigen Begrenzung zum gemeinschaftlichen Garten um 13,28 m² und damit um etwa das dreifache der ursprünglichen Größe in das Gemeinschaftseigentum hinein.
Im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 25.03.2021 fasste die Eigentümergemeinschaft unter TOP 8 mit zwei JA- und einer NEIN-Stimme folgenden Beschluss:
„Die Eigentümergemeinschaft beschließt die bauliche Veränderung in Form einer Terrassenerweiterung von ca. 13,3 qm für die Erdgeschosswohnung. Die Nutzung der Terrasse wird ausschließlich der Erdgeschosswohnung zugestanden. Die Kosten für die Erstellung sowie die Folgekosten zur Erhaltung der Terrasse werden ausschließlich von der Erdgeschosswohnung getragen. Die Terrassenerweiterung steht autark auf Säulen und ist nicht mit dem Gebäude verbunden. Die Dielen liegen lediglich auf der vorhandenen Terrasse auf. Durch die Erweiterung der Terrasse um 13,28 qm erhöht sich der Wohnflächenanteil der Erdgeschosswohnung um 3,32 qm. Ab der Jahresabrechnung 2019 wird diese Erhöhung in der Nebenkostenabrechnung berücksichtigt.”
Der unter TOP 14 gestellte Beschlussantrag
„Der Wohnungseigentümer der Dachgeschosswohnung wünscht die Entfernung der baulichen Veränderung Terrasse EG Wohnung. Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Entfernung der baulichen Veränderung.”
ist mit einer JA- und zwei NEIN-Stimmen abgelehnt worden. Eine u. a. gegen beide Beschlüsse am 26.04.2021 eingereichte Anfechtungsklage vor dem Amtsgericht Mülheim a. d. Ruhr (Az.: 12 C 524/21) nahm der Kläger wieder zurück.
Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit Urteil vom 16.02.2022 (Bl. 92 ff. d. A. AG Mülheim a. d. Ruhr) hat das Amtsgericht im Wege der Beschlussersetzung erkannt, dass die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass der Miteigentümer A. die bauliche Veränderung der Terrasse zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen hat. Es hat ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf den gefassten Beschluss, da es wegen der unzulässigen baulichen Veränderung ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, dass die Beklagte vom Miteigentümer A. den Rückbau verlangt. Dieser habe das gemeinschaftliche Eigentum beeinträchtigt, indem er die Terrasse ohne einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft über die Genehmigung dieser Maßnahme umgebaut und unter Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Gartens erheblich erweitert habe. Der in diesem Zusammenhang gefasste Beschluss vom 25.03.2021 zu TOP 8 sei mangels Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft nichtig, denn er führe zu einer faktischen Vergrößerung des Sondereigentums des Miteigentümers A. außerhalb des Grundbuchs und zur Schaffung eines faktischen und umfassenden Sondernutzungsrechts, das andere Eigentümer auf Dauer ausschließe. Hierfür sei jedoch auch nach der WEG-Reform eine Vereinbarung aller Eigentümer erforderlich.
Gegen das ihr am 18.02.2022 zugestellte Urteil des Amtsgerichts wendet sich die Beklagte mit der am 23.02.2022 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.05.2022 begründeten Berufung. Sie trägt vor, bereits der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sei fehlerhaft, da eine Beschlussersetzung erst mit Rechtskraft der Entscheidung eintrete. Außerdem sei der Tenor nicht vollstreckbar, da die Verwaltung – wie geschehen – wechseln könne. Inhaltlich sei das Urteil fehlerhaft, da nach der WEG-Reform faktische Sondernutzungsrechte auch ohne Vereinbarung der Eigentümer begründet werden können. Zumindest sei ein ein Sondernutzungsrecht begründender Beschluss allenfalls anfechtbar, nicht jedoch nichtig. Unzutreffend habe das Amtsgericht mit dem gefassten Rückbaubeschluss zudem eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen und dabei verkannt, dass es mehrere Optionen gibt, die streitigen Interessen auszugleichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des...