Verfahrensgang
AG Neuss (Entscheidung vom 08.06.2011; Aktenzeichen 101 C 645/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.06.2011 vom Amtsgericht Neuss verkündete Urteil, Az.: 101 C 645/11, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Vorfall vom 02.06.2010 auf einem Parkplatz der Firma xxx in Neuss geltend, bei dem das bei der Beklagten versicherte Motorrad des Zeugen xxx aus unbekannten Gründen umgefallen und gegen den PKW der Klägerin gestoßen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 1.458,13 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.458,13 €, selbst wenn unterstellt wird, dass sie Eigentümerin des beschädigten PKW ist. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG.
Es ist schon zweifelhaft, auf Parkplätzen abgestellten Kraftfahrzeugen noch eine die Gefährdungshaftung begründende Betriebsgefahr zuzurechnen anstatt ihre Betriebsruhe anzunehmen (vgl. dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 7 StVG Rn 5.). Dies kann jedoch dahinstehen, da die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 7 StVG selbst dann nicht vorliegen, wenn man mit dem Amtsgericht der überwiegenden Ansicht folgt und davon ausgeht, dass ein Halter für die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs (und damit über § 115 VVG auch die jeweilige Kraftfahrzeugversicherung), das nicht mehr am fließenden Verkehr teilnimmt, sondern geparkt abgestellt wird, solange einzustehen hat, bis es vollständig aus dem öffentlich zugänglichen Verkehrsraum (etwa in eine Garage oder auf reines Privatgelände) entfernt worden ist (vgl. LG Tübingen, Urteil vom 31.05.2010, Az.: 7 S 11/09; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 21. Auflage 2010, § 7 StVG Rn 9, zitiert nach beck-online.). Denn auch dann führt nicht jedes Schadensereignis, an dem ein im öffentlich zugänglichen Verkehrsraum abgestelltes Fahrzeug beteiligt ist, zu einer Haftung des Fahrzeughalters nach § 7 Abs. 1 StVG. Hinzukommen muss, dass sich die von dem jeweiligen Fahrzeug ausgehende Gefahr (die Betriebsgefahr) ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Fahrzeug mitgeprägt worden ist (BGH, Urteil vom 27.11.2007, Az.: VI ZR 210/06; Urteil vom 26.04.2005, Az.: VI ZR 168/04, zitiert nach beck-online.).
Ob Letzteres der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. An einem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will. Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des KFZ steht. Erforderlich ist, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat (BGH, Urteil vom 27.11.2007, Az.: VI ZR 210/06, zitiert nach beck-online.). Dies hat der Geschädigte, da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, darzulegen und zu beweisen (vgl. LG Tübingen a.a.O.).
Die Fahrweise des streitgegenständlichen Motorrades hat schon deswegen nicht zur Kollision mit dem Fahrzeug der Klägerin geführt, da das Motorrad zum Unfallzeitpunkt unstreitig nicht in Bewegung, sondern auf einem Parkplatz abgestellt war. Die Klägerin hat aber auch nicht nachzuweisen vermocht, dass die eingetretenen Schäden auf den (sonstigen) Betrieb des Motorrades zurückzuführen sind. Sie hat selbst vorgetragen, die Gründe, warum das streitgegenständliche Motorrad umgefallen sei, seien unbekannt. Es ist daher offen geblieben, ob die durch das Umfallen des Motorrades hervorgerufenen Schäden eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren waren, für welche die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will. Dem steht auch nicht entgegen, dass ein auf einem Parkplatz abgestelltes Motorrad - anders als ein PKW - konstruktionsbedingt umfallen und deshalb ein daneben abgestelltes Fahrzeug beschädigen kann. Vorliegend lässt sich nämlich nicht mit hinreichender Gewissheit ausschließen, dass alleinige Ursache für das Umfallen des Motorrades eine von außen wirkende Kraft war. Weil das Motorrad unstreitig stand, bevor die Klägerin ihr Fahrzeug daneben abstellte, ist insbesondere denkbar, dass ein Dritter den Sturz des Motorrades herbeigeführt hat. In diese...