Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch gegenüber einem Bürgen auf Zahlung einer offenen Leasingrate aus einem Leasingvertrag über einen Pkw in Verbindung mit einer Bürgschaftsvereinbarung. Untergang eines Erfüllungsanspruchs aus einer Bürgschaftsvereinbarung wegen Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter. Schadensersatzanspruch gegen einen Bürgen wegen fehlender Amortisation der mit der Beschaffung des Leasingfahrzeuges und der Durchführung des Vertrags verbundenen Gesamtkosten sowie des kalkulierten Ertrages durch die Verwertung des Fahrzeuges
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zu einer materiell-rechtlichen Umgestaltung gegenseitiger Verträge.
2. Die noch offenen Erfüllungsansprüche verlieren für die Dauer des Insolvenzverfahrens ihre Durchsetzbarkeit, soweit sie nicht die anteilige Gegenleistung für bereits vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistungen darstellen.
3. Mit der Ablehnung der Erfüllung des Insolvenzverwalters tritt für die Dauer des Insolvenzverfahrens neben den fortbestehenden, aber nicht durchsetzbaren Erfüllungsanspruch des Vertragspartners dessen Berechtigung, eine Forderung wegen Nichterfüllung des Vertrags gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 InsO geltend zu machen.
4. Auf eine fehlende Durchsetzbarkeit der Hauptschuld infolge des Insolvenzverfahrens kann sich der Bürge nicht gemäß § 768 Abs. 1 BGB berufen, so dass es im Verhältnis der Parteien zueinander nicht darauf ankommt, ob das Insolvenzverfahren beendet ist oder nicht.
Normenkette
BGB §§ 242, 280 Abs. 1, §§ 320, 768 Abs. 1; InsO § 103 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 809,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 92% und der Beklagte 8%.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin schloss am 27.06./05.07.2005 mit der X, deren Geschäftsführer der Beklagte war, einen Leasingvertrag über einen Pkw Jaguar JX6 3,0. Die Vertragslaufzeit betrug 48 Monate (Laufzeitende: 30.06.2009). Als Leasingentgelt waren eine monatliche Leasingrate von 680,– Euro sowie ein Restwert von 20.000,– Euro, jeweils zuzüglich der gültigen Umsatzsteuer, vereinbart. Zur Sicherung aller Ansprüche der Klägerin aus dem Leasingvertrag übernahm der Beklagte eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den Inhalt der Vertragsurkunden (Anlagen K1, K2, Bl. 12 ff. d.A.) sowie die dem Leasingvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Leasingbedingungen der Klägerin (Anlage K8, Bl. 65 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Leasingnehmerin wurde insolvent. Der Insolvenzverwalter lehnte den Eintritt in den Leasingvertrag ab. Am 26.07./31.07.2007 trafen die Klägerin und der Beklagte unter der Überschrift "Übernahme eines Leasingvertrages” eine schriftliche Vereinbarung des Inhalts, dass der Beklagte ab dem 01.07.2007 in alle Rechte und Pflichten des in Rede stehenden Leasingvertrages eintreten sollte (vgl. Anlage K3, Bl. 15 d.A.). Das Fahrzeug wurde in der Folgezeit vom Beklagten genutzt und die Leasingraten – mit Ausnahme der zum 01.06.2009 für den Monat Juni fälligen Rate in Höhe von 809,20 Euro brutto – beglichen.
Mit Schreiben an den Beklagten vom 16.07.2009 (Anlage K4, Bl. 16 d.A.) teilte die Klägerin mit, dass sie das Fahrzeug zwei verschiedenen Autohändlern zum Kauf angeboten habe, die beide jeweils 12.000,– Euro inkl. MwSt geboten hätten. Unter Hinweis darauf, dass die Differenz zwischen Kaufpreis und kalkuliertem Restwert auszugleichen sei, bat sie um Mitteilung, ob sie das Fahrzeug zu dem gebotenen Preis verkaufen solle, und machte alternativ von ihrem vertraglich vorgesehenen Andienungsrecht Gebrauch. Mit E-Mail vom 27.07.2009 (Anlage B1, Bl. 40 d.A.) erklärte der Beklagte den Widerruf der Leasingvereinbarung vom 31.07.2007. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2009 (Anlage B2, Bl. 41 d.A.) ließ die Klägerin dem Beklagten unter Fristsetzung bis zum 28.08.2009 das Fahrzeug zum Kauf anbieten. Am 26.10.2009 verkaufte sie das Fahrzeug für – wie sie behauptet – brutto 12.000,– Euro an einen Autohändler in Essen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.11.2009 (Anlage K6, Bl. 18 d.A.) ließ sie den Beklagten zum Ausgleich des Netto-Differenzbetrages zwischen kalkuliertem Restwert und Kaufpreis (9.915,97 Euro) zuzüglich der Kosten für die anwaltliche Inanspruchnahme (651,80 Euro) unter Fristsetzung bis zum 17.11.2009 auffordern. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach.
Die Klägerin behauptet, aktivlegitimiert zu sein. Zwar habe sie ursprünglich zum Zwecke der Refinanzierung alle Rechte und Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Leasingvertrag an die X übertragen und dieser das Leasingfahrzeug sicherungsübereignet; die Refinanzierung sei aber mittl...