Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessvollmacht. Vollmachtsurkunde. Fotokopie. Notarielle. Beglaubigung
Leitsatz (amtlich)
Der Nachweis der Vollmacht gemäß § 80 ZPO kann nur durch Einreichung der schriftlichen Originalurkunde geführt werden (Anschluss BGHZ 126, 266; BGH, NJW-RR 2002, 933; BGHZ 166, 278). Eine Fotokopie der Vollmachtsurkunde genügt dem nicht, selbst wenn sie notariell beglaubigt ist und dem Notar bei der Beglaubigung der Fotokopie auch ein Beglaubigungsvermerk über die öffentliche Beglaubigung der auf der Urschrift vollzogenen Unterschrift vorlag.
Der Mangel der Vollmacht ist gemäß § 88 Abs. 2 ZPO auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn als Unterbevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt.
Normenkette
ZPO §§ 80, 88
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen vom 11.10.2011 (Az. 14 M 1932/11) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der als Verfahrensbe-vollmächtigte der Gläubigerin auftretenden auferlegt.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.270,00 EUR
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, wobei die - bereits in erster Instanz im Streit stehende - Vollmacht der für das Beschwerdeverfahren zu unterstellen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 88 Rn. 6).
2.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, den die im Namen der Gläubigerin gestellt hat, zu Recht zurückgewiesen, da die ihre Vollmacht nicht ordnungsgemäß nachgewiesen hat. Die mit Schriftsatz vom 21.09.2011 übersandte notariell beglaubigte Fotokopie der Inkassovollmacht der Gläubigerin vom 23.04.2010 reicht hierzu nicht aus.
Gemäß § 80 S. 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen. Dieser Nachweis kann nur durch Einreichung der schriftlichen Originalurkunde geführt werden; ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art, insbesondere eine Fotokopie der Vollmachtsurkunde, genügt dem nicht. An einer solchen zweifelsfreien Feststellung der Bevollmächtigung besteht sowohl ein öffentliches Interesse als auch ein Interesse des Verfahrensgegners (BGHZ 126, 266; BGH, NJW-RR 2002, 933; BGHZ 166, 278). Dies gilt nach dem Sinn und Zweck des urkundlichen Nachweises auch dann, wenn die Fotokopie notariell beglaubigt worden ist. Die in den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anzutreffende Formulierung, die Urkunde sei "gegebenenfalls in beglaubigter Form" vorzulegen, nimmt ausdrücklich Bezug auf § 80 Abs. 2 ZPO in der bis zum 30.06.2008 gültigen Fassung, wonach das Gericht auf Antrag des Gegners die öffentliche Beglaubigung einer Privaturkunde anordnen konnte. Bei der öffentlichen Beglaubigung hat gemäß § 129 Abs. 1 S. 1 BGB der Notar die Echtheit der auf der Originalurkunde vollzogenen Unterschrift zu beglaubigen, während bei der notariellen Beglaubigung einer Fotokopie lediglich die äußere Übereinstimmung der Kopie mit der Urschrift bestätigt wird. Im Verhältnis zur Vorlage der Vollmachtsurkunde im Original stellt die öffentliche Beglaubigung somit ein Mehr, die Vorlage einer notariell beglaubigten Fotokopie hingegen ein Weniger dar.
An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass dem Notar ( ) bei der am 18.05.2010 vollzogenen Beglaubigung der Fotokopie auch ein Beglaubigungsvermerk des Notars ( ) bezüglich der Unterschrift des für die Gläubigerin unterzeichneten Herrn vorlag. Denn anders als die Originalurkunde lässt die beglaubigte Fotokopie, auch wenn ihr eine öffentlich beglaubigte Urschrift zugrundelag, nicht darauf schließen, dass die erteilte Vollmacht noch besteht und nicht zwischenzeitlich - durch Rückgabe der Vollmachtsurkunde (§ 172 Abs. 2 BGB) - erloschen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Beglaubigung der Fotokopie bereits länger zurückliegt und - wie der Kammer aus einem Parallelverfahren bekannt ist - die Gläubigerin seinerzeit verschiedene Inkassounternehmen mit der Einziehung ihrer sämtlichen offenen, titulierten Forderungen aus Warenlieferungen des Versandhauses bevollmächtigt hat.
Der Mangel der Vollmacht war gemäß § 88 Abs. 2 ZPO auch von Amts wegen zu berücksichtigen, da die in zweiter Instanz aufgetretenen Rechtsanwälte - wie sie mit Schriftsatz vom 02.02.2012 (Bl. 44 d. A.) klargestellt haben - lediglich als Bevollmächtigte der aufgetreten sind, deren Bevollmächtigung durch die Gläubigerin - wie oben erläutert - nicht nachgewiesen ist. Bei Vorliegen einer Vertretungskette hat das Gericht den Mangel der Vollmacht auf jeder Stufe zu berücksichtigen; die Vertretungsmacht eines vor Gericht auftretenden Unterbevollmächtigten muss sich, auch wenn dieser Rechtsanwalt ist, lückenlos auf die letztlich vertretene Partei zurückführen lassen. Er muss daher nicht nur die Untervollmacht nachweisen, sondern auch die Vertretungsmacht der Person, von der er die Untervollmac...