Entscheidungsstichwort (Thema)
Eidesstattliche Versicherung. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Unterhaltsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO mit dem Pfändungsgesuch verbunden, ist hierüber gemäß § 834 ZPO ohne Anhörung des Schuldners zu entscheiden.
Der Gläubiger hat schlüssig und substantiiert vorzutragen, welche eigenen Einkünfte die unterhaltsberechtigte Person hat. Der allgemeine Hinweis auf die Unterhaltsberechtigung des Kindes gegenüber dem Kindesvater genügt diesen Anforderungen nicht. Um die notwendigen Tatsachen zu ermitteln, kann der Gläubiger vom Schuldner die Ergänzung einer eidesstattlichen Versicherung verlangen.
Normenkette
ZPO §§ 834, 850c Abs. 4
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Entscheidung vom 24.05.2012; Aktenzeichen 14 M 2067/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen die Zurückweisung ihres Antrags, das Kind G X bei der Ermittlung des unpfändbaren Betrages zu 50 % unberücksichtigt zu lassen, in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24.05.2012 (14 M 2067/12) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Gläubigerin zur Last.
Gründe
Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat den Erlass der von der Gläubigerin beantragten Anordnung nach § 850c Abs. 4 ZPO zu Recht abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer Bezug auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Gründe des Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts Oberhausen vom 15.06.2012 (Bl. 10 f. d. A.). Das Beschwerdevorbringen der Gläubigerin rechtfertigt keine andere Entscheidung, sondern gibt lediglich Anlass zu den folgenden Ergänzungen.
Zutreffend ist das Amtsgericht zunächst davon ausgegangen, dass § 850c Abs. 4 ZPO voraussetzt, dass die Person, welcher der Schuldner Unterhalt gewährt, tatsächlich eigene Einkünfte hat (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 850c Rn. 11 m. w. N.). Wird der Antrag mit dem Pfändungsgesuch verbunden, hat der Gläubiger hierzu schlüssig und substantiiert vorzutragen (Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 1066; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850c Rn. 13). Der allgemeine Hinweis auf die Unterhaltsberechtigung des Kindes gegenüber dem - namentlich nicht benannten - Kindesvater genügt diesen Anforderungen nicht. Im vorliegenden Fall lässt der Vortrag der Gläubigerin nicht einmal erkennen, ob der Kindesvater überhaupt lebt, wie er heißt und ob er der Schuldnerin bekannt ist.
Auch die eidesstattliche Versicherung der Schuldnerin vom 08.05.2012 (Bl. 26 f. d. A.), auf die die Gläubigerin Bezug nimmt, enthält hierzu keine Angaben. Entgegen der Ansicht der Gläubigerin kann dies jedoch nicht zu Lasten der Schuldnerin gehen, weil diese bei der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nicht nach den Einkünften und Unterhaltsansprüchen ihres Kindes gefragt wurde. Die auf Seite 2 getätigte Angabe "Keine Unterhaltsansprüche" bezieht sich auf eigene Unterhaltsansprüche der Schuldnerin, um die es im vorliegenden Zusammenhang nicht geht. Es steht der Gläubigerin frei, von der Schuldnerin eine Ergänzung der eidesstattlichen Versicherung im Hinblick auf Unterhaltsansprüche ihres Kindes zu verlangen; hierbei kann sie ihr auch konkrete Fragen nach dem Kindesvater und dessen Einkünften vorlegen (vgl. BGH, NJW 2004, 2979). Solange die Gläubigerin diese Möglichkeit zur Ermittlung des pfändbaren Einkommens der Schuldnerin nicht ausgeschöpft hat, besteht kein Anlass, ihr im Hinblick auf die tatsächlichen Voraussetzungen des § 850c Abs. 4 ZPO irgendwelche Darlegungserleichterungen zuzubilligen.
Die vorstehende Beurteilung steht auch nicht im Gegensatz zu der von der Gläubigerin angeführten Entscheidung des LG Leipzig vom 04.03.2003 - 16 T 7172/01 (JurBüro 2003, 324 f.). Anders als im vorliegenden Fall lagen dort, soweit aus den Gründen der Entscheidung ersichtlich ist, sowohl die Erkenntnis vor, dass die getrennt lebende Ehefrau des Schuldners berufstätig war, als auch eine Stellungnahme des Schuldners, wonach diesem die Einkünfte seiner Ehefrau nicht bekannt seien. Eine Anhörung des Schuldners zu dem Pfändungsgesuch ist jedoch, wovon die Gläubigerin selbst ausgeht, gemäß § 834 ZPO auch dann nicht geboten, wenn mit ihm ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO verbunden wird (LG Stade, JurBüro 2000, 378; Musielak, ZPO, 9. Aufl., § 850c Rn. 10; Stöber, a. a. O., Rn. 1065; Zöller/Stöber, a. a. O., § 850c Rn. 13).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen