Verfahrensgang
AG Duisburg (Entscheidung vom 28.09.2011; Aktenzeichen 11 Gs 2123/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschuldigten D. werden der Haftbefehl des Amtsgerichts Duisburg vom 25.08.2011 in der Fassung des Beschlusses vom Amtsgerichts Duisburg vom 01.09.2011 und der Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 28.09.2011, jeweils Az. 11 Gs 2123/11, aufgehoben.
Die Beschuldigte ist unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Beschuldigten werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Duisburg führt gegen die Beschuldigte D. und die Beschuldigten F. und H. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges in zahlreichen Fällen. Sie werden u.a. verdächtigt, gemeinschaftlich handelnd Kunden eines von ihnen betriebenen Unternehmens zur Zahlung des Kaufpreises für Elektroartikel und andere Waren veranlasst zu haben, ohne dabei tatsächlich bereit zur Lieferung der Waren gewesen zu sein. Es sollen in einer Vielzahl von Fällen Kunden nach ihren Bestellungen trotz erfolgter Zahlungen nicht beliefert worden sein. Ganz überwiegend sei diesen Kunden der gezahlte Kaufpreis nicht zurückerstattet worden.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Duisburg am 25.08.2011 Untersuchungshaftbefehle gegen die Beschuldigte D. wegen Wiederholungsgefahr und gegen den Beschuldigten F. wegen Fluchtgefahr. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Haftbefehle vom 25.08.2011 Bezug genommen.
Der Haftbefehl wurde der am 30.08.2011 festgenommenen Beschuldigten D. am 31.08.2011 und 01.09.2011 verkündet und durch Beschluss vom 01.09.2011 aufrecht erhalten. Auf den Haftprüfungsantrag der Beschuldigten D. wurde der Haftbefehl gegen sie durch Beschluss vom 28.09.2011 aufrechterhalten.
II.
Die Beschwerde der Beschuldigten D. gegen den Haftbefehl ist begründet.
1.
Die Beschuldigte D. ist der ihr im Haftbefehl des Amtsgerichts Duisburg vom 25.08.2011 in der Fassung der Beschlüsse vom 01.09.2011 und 28.09.2011 zur Last gelegten Tatvorwürfe insbesondere aufgrund der Aussagen der bislang im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen und der bei Durchsuchungen von Firmen- und Geschäftsräumen aufgefundenen Beweismittel dringend verdächtig, wobei es im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens keiner Entscheidung bedurfte, ob die Tathandlungen der Beschuldigten als faktische (Mit-)Geschäftsführerin der Fa. Te. nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen als eine Straftat des gewerbsmäßigen Betruges im Sinne von §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2, 52 StGB oder als 1.252 Fälle des Betruges gemäß § 263 Abs. 1. Abs. 3 Nr. 1, 53 StGB zu qualifizieren sind.
2.
Es besteht jedoch derzeit kein Haftgrund.
a)
Der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Ziffer 2 StPO liegt derzeit nicht vor.
Die Beschuldigte hat zwar im Falle ihrer Verurteilung im vorliegenden Verfahren unter Berücksichtigung der Vielzahl der Geschädigten und des Gesamtschadens von mindestens 200.000,- EUR im Zusammenhang mit der Fa. Te. mit einer zu verbüßenden empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen.
Jedoch stehen dem danach zwar nicht unerheblichen, jedoch nicht sonderlich gravierenden Fluchtanreiz ausreichende fluchthemmende soziale Bindungen gegenüber. Die Beschuldigte unterhält eine eigene Wohnung und wird nach ihrer bislang unwiderlegten Einlassung von ihrer Familie, zu der sie Kontakt hat, finanziell unterstützt. Die Beschuldigte hat zwar nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen keine feste Arbeitsstelle, verfügt jedoch über berufliche Erfahrungen im Gastronomiegewerbe. Überdies hat sie sich auch bisher dem Ermittlungsverfahren gestellt.
Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller maßgeblichen Umstände spricht derzeit noch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Beschuldigte auch dem weiteren Verfahren nicht durch Flucht entziehen wird.
b)
Die Voraussetzungen des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr gemäß § 112 a Abs. 1 Nr. 2 StPO liegen nicht vor.
Dieser Haftgrund setzt voraus, dass die Beschuldigte dringend verdächtig ist, wiederholt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach § 263 StGB begangen zu haben. Dabei muss jede einzelne Tat ihrem konkreten Erscheinungsbild nach den erforderlichen Schweregrad aufweisen (vgl. Karlsruher-Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 112 a Rz. 10; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.09.2009, 1 Ws 126/09 m.w.N.). Da die Katalogtaten des § 112 a Abs. 1 Nr. 2 StPO schon generell schwerwiegender Natur sind, kann das Merkmal "die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigend" vom Gesetzgeber nur als weitere Einschränkung des Haftgrundes gemeint sein, zumal aus Verfassungsgründen eine restriktive Auslegung dieses Haftgrundes geboten ist (vgl. z.B. BVerfGE 35, 185, 191; OLG Frankfurt am Main, a.a.O., m.w.N.). Es können daher nur Taten überdurchschnittlichen Schweregrades und Unrechtsgehalts (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 112 a Rn. 9; OLG Hamm, Beschluss vom 01.04.2010, 3 Ws 161/10, m.w.N...