Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegatte. Insolvenzeröffnungsverfahren. Stundung. Unterhalt. Verfahrenskosten. Vorschuss
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch des Schuldners gegen seinen (hier: getrennt lebenden) Ehegatten auf Zahlung eines Vorschusses für die Kosten des Insolvenzverfahrens ist nicht davon abhängig, dass die Verbindlichkeiten, die Gegenstand des Insolvenzverfahrens sind, im Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgemeinschaft stehen (Anschluss BGH, Beschluss vom 25.11.2009 - XII ZB 46/09; entgegen BGH, Beschluss vom 24.07.2003 - IX ZB 539/02).
Normenkette
BGB § 1360a Abs. 4; InsO § 4a
Verfahrensgang
AG Duisburg (Entscheidung vom 22.06.2012; Aktenzeichen 64 IK 88/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 22.06.2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Schuldnerin zur Last.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.650,00 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Schuldnerin waren mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 09.05.2012 (Bl. 84 f. d. A.) die Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren zunächst gemäß § 4a InsO gestundet worden. Auf die sofortige Beschwerde der Landeskasse vom 14.05.2012 (Bl. 89 d. A.) hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22.06.2012 (Bl. 92 ff. d. A.), der den Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin am 03.07.2012 zugestellt worden ist, den Beschluss vom 09.05.2012 aufgehoben und den Antrag der Schuldnerin auf Stundung der Verfahrenskosten zurückgewiesen, weil die Schuldnerin gemäß § 1360a Abs. 4 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen ihren - nach dem Gutachten des Sachverständigen E G1 (Bl. 58 ff. d. A.) finanziell leistungsfähigen - Ehegatten habe.
Hiergegen hat die Schuldnerin am 13.07.2012 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.07.2003 (IX ZB 539/02) der Auffassung, dass ein Anspruch auf Kostenvorschuss gegen ihren Ehemann nicht bestehe, weil der überwiegende Teil der Verbindlichkeiten, die Gegenstand des Insolvenzverfahrens sind, nicht im Zusammenhang mit dem Aufbau oder der Erhaltung einer gemeinsamen wirtschaftlichen Existenz der - in dieser Zeit getrennt lebenden - Eheleute stehe, sondern aus der gewerblichen Tätigkeit der Schuldnerin stamme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 12.07.2012 (Bl. 104 ff. d. A.) sowie die Schriftsätze vom 23.08.2012 (Bl. 153 ff. d. A.) und 13.09.2012 (Bl. 168 ff. d. A.) Bezug genommen. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache durch Beschluss vom 15.08.2012 (Bl. 140 ff. d. A.) der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist gemäß §§ 4d Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 1 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht den Antrag der Schuldnerin auf Stundung der Verfahrenskosten für das von ihr beantragte Insolvenzverfahren zurückgewiesen, weil ihr gegen ihren Ehemann, der finanziell in der Lage wäre, den Kostenvorschuss in Höhe von 1.650,00 € aufzubringen, ein entsprechender Vorschussanspruch aus § 1360a Abs. 4 BGB zusteht.
Mit dem Amtsgericht ist auch die Kammer der Auffassung, dass die von der Schuldnerin zitierte Rechtsprechung des 9. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24.07.2003 - IX ZB 539/02, NJW 2003, 2910) nach dem Beschluss des 12. Zivilsenats vom 25.11.2009 (XII ZB 46/09, NJW 2010, 372) teilweise überholt ist, auch wenn die letztgenannte Entscheidung nicht speziell die Durchführung eines Insolvenzverfahrens, sondern einen Prozesskostenvorschuss gegen den neuen Ehegatten für einen Zugewinnausgleichsanspruch seines Partners gegen dessen früheren Ehegatten betraf.
Ohne Zweifel handelt es sich bei der Durchführung eines Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Restschuldbefreiung um eine "persönliche Angelegenheit" der Schuldnerin im Sinne von § 1360a Abs. 4 BGB. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 25.11.2009 ausgeführt, dass eine Auslegung dieser Bestimmung dahin, dass der Rechtsstreit bzw. die in ihm verfolgten vermögensrechtlichen Ansprüche ihre Wurzeln in der ehelichen Lebensgemeinschaft oder in den aus der Ehe erwachsenen persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen haben müssten, damit es zumutbar sei, den Ehegatten mit einem Kostenvorschuss zu belasten, im Gesetz keine Stütze finde. § 1360a Abs. 4 BGB verlange lediglich eine persönliche Angelegenheit. Dass sie ihre Wurzel im Verhältnis zum neuen Lebenspartner haben müsse, sei nicht ersichtlich. Der Bundesgerichtshof begründet diese weite Auslegung von § 1360a Abs. 4 BGB mit der unterhaltsrechtlichen Natur des Vorschussanspruchs. Sowohl Wortlaut als auch Sinnzusammenhang sprächen dafür, die Prozesskostenvorschusspflicht als eine Unterstützungspflicht des leistungsfähigen Ehegatten anzusehen, die ihre innere Rechtfertigung in der gegenseitigen personalen Verant...