Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 14.08.1998; Aktenzeichen 11 Gs 3479/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Betroffenen vom 01.09.1998 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Duisburg vom 14.08.1998 – 11 Gs 3479/98 – wird als unbegründet auf ihre Kosten mit der Klarstellung verworfen, daß die Arrest- und Pfändungsanordnung des Arbeitsamtes Chemnitz vom 10.08.1998 – III 421 – AEntG 13/98 und AEntG 18/98 – richterlich bestätigt ist.
Tatbestand
I.
Das Arbeitsamt Chemnitz hat durch Anordnung vom 10.08.1998 gegen die Beschwerdeführerin zur Sicherstellung eines anzuordnenden Verfalls des Erlangten (§ 29 a OWiG) den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen dieser Firma angeordnet. Der Arrest kann danach bis zur Höhe von 318.795,55 DM vollzogen werden. Zur Vollziehung des Arrestes ist die angebliche Forderung der Beschwerdeführerin an die Firma Karl Hitzbleck GmbH & Co. KG in Duisburg aus bereits erbrachter oder noch zu erbringender Werk- oder Dienstleistung, insbesondere aus dem Vertrag vom 14.05.1998 betreffend die Baustelle Bergheimer Straße, 45359 Essen (Vertragsumfang 830.000/00 DM) durch den vorbezeichneten Bescheid des Arbeitsamtes gepfändet worden. Die Arrest- und Pfändungsanordnung ist durch den angefochtenen Beschluß richterlich bestätigt worden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Betroffenen. Sie führt lediglich zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Klarstellung und hat in der Sache keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses unbegründet.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Arrest- und Pfändungsanordnung ist zu Recht auf der Grundlage der §§ 111 d, 111 e StPO, 29 a, 46 OWiG unter entsprechender Anwendung der §§ 917, 920 ZPO ergangen.
1.
Ein Arrestgrund entsprechend 917 Abs. 2 ZPO ist gegeben. Die entsprechende Anwendung der Vorschrift im vorliegenden Verwaltungs-, Ermittlungs- und Bußgeldverfahren ist nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ausgeschlossen (vgl. Beschlüsse des LG Potsdam vom 26.05.1998 – 24 Os 15/98; LG Leipzig vom 23.03.1998 – 5 Qs 127/98; LG Dresden vom 29.09.1997 – 5 Qs 70/97; a.A.:, LG Hamburg vom 20.07.1998 – 611 Qs OWi 52/98). Die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung des EuGH (NJW 1994, 1271) bezieht sich nur auf Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Um eine derartige Angelegenheit handelt es sich hier nicht. Das Übereinkommen vom 27.09.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) ist nicht anwendbar. Bußgeld- und Verfallentscheidungen sowie hierauf bezogene Arrest- und Pfändungsanordnungen deutscher Verwaltungsbehörden werden hiervon nicht erfaßt. Die Entscheidungen können nicht im Ausland vollstreckt werden. Der Gegenstand des Streitverhältnisses ist nicht materiell zivilrechtlicher Natur.
2.
Es bestehen Arrestansprüche wegen Unterschreitens des vorgeschriebenen Mindestentgeltes und Nichtabführens von Beiträgen an die Urlaubskasse.
Durch die Arrest- und Pfändungsanordnung soll die Durchsetzung der im Bußgeldverfahren auf der Grundlage des § 29 a OWiG zu erwartenden Verfallanordnung gesichert werden. Wegen nach § 5 Abs. 3 AEntG mit Geldbuße bedrohter Handlungen sind der Beschwerdeführerin durch die Nichtzahlung von nach den gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen geschuldeten Beträgen unmittelbar faktische Vermögensvorteile entstanden, die durch die Verfallanordnung abgeschöpft werden würden. Bei der Feststellung des wirtschaftlichen Vorteils handelt es sich um eine zulässige Schätzung, deren Grundlagen die Beschwerdeführerin im einzelnen nicht angegriffen hat.
Aufgrund von Ermittlungen des Arbeitsamtes Chemnitz – Leistungsgruppe OWiG/Außendienst –, der Hauptzollämter Schwerin und Emmerich sowie der Außendienstgruppe Bau beim Landesarbeitsamt NRW in Essen haben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Verantwortlichen der Beschwerdeführerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AEntG ordnungswidrig gehandelt haben. Sie haben gegen § 1 Abs. 1 AEntG verstoßen, indem sie den auf deutschen Baustellen tätigen portugiesischen Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin nicht den Mindestlohn des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Baugewerbes in Höhe von 15,14 DM pro Arbeitsstunde (neue Bundesländer) bzw. 16,00 DM (alte Bundesländer) gezahlt haben. Gegen § 1 Abs. 3 AEntG haben sie verstoßen, indem sie für ihre Arbeitnehmer die Beiträge an die Urlaubskasse Wiesbaden nicht bzw. nicht vollständig abgeführt haben.
3.
Die von der Beschwerdeführerin an ihre portugiesischen Arbeitnehmer gezahlten Kostenbeihilfen (Ajudas de Custo) sind keine beim Mindestentgelt nach dem AEntG zu berücksichtigenden Lohnbestandteile (vgl. Landgericht Saarbrücken vom 10.09.1997 – 3. Strafkammer –; Amtsgericht Tauberbischofsheim vom 05.03.1998 – OWi 14 Js 7988/97 AK 191/97 –)....