Verfahrensgang

AG Oberhausen (Entscheidung vom 11.03.2010; Aktenzeichen 35 C 2669/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Oberhausen vom 11.03.2010 teilweise abgeändert und der Beklagte unter Zurückweisung der Berufung im übrigen dazu verurteilt, an die Klägerin weitere 753,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 90 Prozent und die Klägerin zu 10 Prozent.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

Wie die Kammer bereits im Beschluss vom 29.09.2010 ausgeführt hat, hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer 0,8 Verfahrensgebühr aufgrund des unbedingt erteilten Prozessauftrags. Dabei ist auf den Schriftsatz des Beklagten vom 10.01.2010 darauf hinzuweisen, dass der unbedingte Prozessauftrag nicht durch die Unterzeichnung der - abstrakten - Prozessvollmacht erteilt wurde. Wie bereits in dem Beschluss vom 29.09.2010 ausgeführt wurde, sind die Unterzeichnung der Prozessvollmacht und des entsprechenden PKH-Formulars lediglich Indizien für die Erteilung des Prozessauftrags, die der Beklagte nicht erschüttert hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte das Scheidungsverfahren auf der Basis von Prozesskostenhilfe durchführen wollte. Dass er sich lediglich dann scheiden lassen wollte, wenn er Prozesskostenhilfe erhalten würde, und nur unter dieser Bedingung den Prozessauftrag erteilt haben will, ist in keiner Weise lebensnah und letztlich auch nicht konkret von ihm vorgetragen. Die Klägerin ist auch nicht aufgrund einer besonderen Vereinbarung der Parteien verpflichtet, den Auftrag so abzurechnen, als ob Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre. Unstreitig sollte zwar Prozesskostenhilfe für den Beklagten beantragt werden. Erstmals in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.01.2011 behauptet der Beklagte indes nunmehr, dass die Klägerin zugesichert habe, das Mandat auf jeden Fall auf der Basis von Prozesskostenhilfe zu führen. Abgesehen davon, dass eine derartige Zusicherung wenig lebensnah ist, da die Klägerin nicht wissen konnte, ob das Gericht überhaupt Prozesskostenhilfe bewilligt - zumal die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten nicht vollständig ausgefüllt war -, und die Klägerin kaum für den Fall, dass keine Prozesskostenhilfe bewilligt wird, vorab auf Teile ihres Gebührenanspruchs verzichten wollte, handelt es sich um neuen Sachvortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung, der gemäß § 296a Satz 1 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist. Ein Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO liegt nicht vor.

Als Gegenstandswert sind der Nettoverdienst des Beklagten (1.657,00 EUR) und der Nettoverdienst seiner Ehefrau (500,00 EUR) nach den Angaben im Aufnahmebogen sowie das Kindergeld in Höhe von 328,00 EUR (164,00 EUR x 2) zu addieren und von diesem Betrag ein Abschlag in Höhe von 250,00 EUR pro Kind zu subtrahieren, OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 2051. Dieser Betrag ist gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG mit drei zu multiplizieren, so dass sich ein Betrag in Höhe von 5.955,00 EUR ergibt. Da lediglich die Abrechnung der Scheidung streitgegenständlich ist, ist kein Zuschlag für den Versorgungsausgleich vorzunehmen.

Ferner kann die Klägerin auch die Aussöhnungsgebühr verlangen. Ein ausdrücklicher Auftrag zur Aussöhnung ist - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - nicht erforderlich. Es ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum für die Aussöhnung ein ausdrücklicher Auftrag erforderlich sein soll, während sonst auch ein konkludenter Auftrag ausreicht. Die missverständliche Kommentarstelle, auf die sich das Amtsgericht gestützt hat, ist in der aktuellen Auflage klargestellt, vgl. Gerold/Müller-Rabe, RVG, VV 1001, Rn. 15 ff. Soweit der Beklagte in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.01.2011 darauf abstellt, dass sich eine gleichzeitige Beauftragung mit der Durchführung einer Scheidung und der Durchführung einer Aussöhnung denknotwendig ausschlösse, verkennt dies, dass sich ein entsprechender Auftrag durchaus aus den Umständen ergeben kann. So genügt für die Entstehung der Gebühr, wenn die Initiative zur Aussöhnung vom Gericht ausgeht und der Rechtsanwalt die Bemühungen des Gerichts unterstützt, Gerold/Müller-Rabe, a.a.O. Ein besonderer Auftrag des Mandanten, der zielgerichtet auf die Aussöhnung gerichtet ist, ist mithin nicht erforderlich. Ein Mandant kann sich, nachdem er sich durch die Mitwirkung seines Rechtsanwalts ausgesöhnt hat, nicht mit dem Hinweis auf einen diesbezüglich nicht erteilten Auftrag von dem Gebührenanspruch des Rechtsanwalts befreien. Vielmehr liegt regelmäßig spätestens in der Entgegennahme der erfolgreichen Mitwirkungshandlung des Rechtsanwalts eine entsprechende Beauftragung, weil der Mandant ansonsten gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen würde. Du...

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