Verfahrensgang

AG Dinslaken (Urteil vom 12.07.1995; Aktenzeichen 7 C 74/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Dinslaken vom 12. Juli 1995 – 7 C 74/95 geändert und wie folgt neu gefaßt: Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, die auf dem nachfolgenden Lageplan rot umrandete, unbebaute, zum gelegene Teilfläche des Grundstücks in zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. – Es folgt der Lageplan –

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 6. 000,-- DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin vermietete im Jahr 1982 an die Beklagten das aus dem vorstehenden Lageplan ersichtliche Grundstück in, /Ecke, das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist und über einen großen Garten verfügt. Die vorliegende streitige, auf dem Lageplan rot umrandete zum gelegene Teilfläche hat die Klägerin parzellieren lassen. Diese Fläche beabsichtigt sie mit einem Einfamilienhaus zu bebauen, das sie mit ihrem Ehemann bewohnen möchte. Die Baugenehmigung ist erteilt. In das jetzt von den Beklagten bewohnte Haus soll die Tochter der Klägerin einziehen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1994 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis insgesamt zum 31. Dezember 1995 und bezüglich der Teilfläche zum 31. März 1995; die Kündigung begründete sie mit Eigenbedarf, bezüglich der Teilfläche mit der Absicht, neuen Wohnraum zu schaffen. Gegenstand der vorliegenden Klage ist der Anspruch auf Herausgabe der Teilfläche.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die aus dem Lageplan ersichtliche Teilfläche des Mietgrundstücks zu räumen und an die Beklagten zum 31. März 1995 herauszugeben.

2. den Beklagten als Gesamtschuldner aufzugeben, zu dulden, daß die Klägerin,

a) über einen separaten Zwischenzähler Baustrom ab dem Sicherungs-9 hauptkasten des Grundstücks entnimmt,

b) von der zwischen Haus und Garage auf dem Grundstück verlaufenden Wasserleitung über eine von ihr zu installierende Zapfstelle und über einen separaten Zwischenzähler Wasser entnimmt, 13

3. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen haben, die daraus resultieren, daß wegen verspäteter Herausgabe der im Antrag zu 1. aufgeführten Grundstücksteilfläche der Beginn der von der Klägerin beabsichtigten Bauarbeiten über den 3. April 1995 hinaus verzögert wird.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 12. Juli 1995 die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Anträge, allerdings ohne die Datierung des Räumungstermins zum 31. März 1995, weiterverfolgt. Sie trägt nunmehr vor, das bisher von ihr und ihrer Familie bewohnte Haus wolle sie verkaufen, um mit dem Erlös den Neubau zu finanzieren.

Die Beklagten beantragen,

Zurückweisung der Berufung.

Ergänzend wird auf die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und dem vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist hinsichtlich des Antrags zu 1. begründet, im übrigen unbegründet.

1.

Die Beklagten sind seit dem 31. Dezember 1995 zur Rückgabe der streitigen Teilfläche verpflichtet.

a)

Die auf die Teilfläche beschränkte Kündigung des Mitvertrages zum 31. März 1995 ist unwirksam.

Nach § 564b Abs. 2 Nr. 4 a) BGB kann der Vermieter mit abgekürzter Frist eine auf einen Grundstücksteil beschränkte Kündigung aussprechen, wenn er zum Zweck der Vermietung neuen Wohnraum schaffen will.

Es ist streitig, ob dieser Zweck nur dann verfolgt wird, wenn der Vermieter den neu erstellten Wohnraum vermietet (so Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf des Wohnungsbauerleichterungsgesetzes, Bundestags-Drucksache 12/5110, S. 19; LG Stuttgart NJW-RR 1992, 206; Erman/Jendrek, BGB, § 564 Rz. 36) oder ob zur Vermietung bestimmter Wohnraum auch dann geschaffen wird, wenn der Vermieter den neu erstellten selbst nutzt, aber seinen früheren Wohnraum dem Wohnungsmarkt überläßt (so LG Marburg ZMR, 1992, 304; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., 1996, Rz. A 26; Foelskow in Münch Komm, BGB, 3. Aufl., § 564b Rz. 66c; Palandt/Putzo, BGB, 56. Aufl., 1996; § 564 b Rz. 56). Das Bundesverfassungsgericht hat weder die restriktive noch die erweiternde Auslegung in verfassungsrechtlicher Hinsicht beanstandet (NJW 1992, 494 – zur Entscheidung des LG Stuttgart –; NJW 1992, 1498 – zu einer entgegengesetzten Vorentscheidung).

Der Gesetzeswortlaut, der auf die Schaffung von Wohnraum zum Zweck der Vermietung abstellt, will verhindern, daß der Vermieter für sich zusätzlichen Wohnraum erstellt, ohne daß neuer Wohnraum zur Vermietung angeboten wird (BVerfG 1992, 1498). Insofern mag eine ausdehnende Auslegung des § 564b Abs. 2 Nr. 4 b) BGB angezeigt sein, wenn sichergestellt ist, daß die bislang vom Vermieter genutzte Wohnung vermietet wird.

Dies ist indessen nicht gewährleistet, wenn der Vermieter seine derzeitige Wohn...

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