Verfahrensgang
AG Essen (Entscheidung vom 07.02.2003; Aktenzeichen 163 IK 12/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem AG Essen vom 13.2.2003 gegen den Beschluss des AG Essen vom 7.2.2003 (163 IK 12/02) wird zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
I.
Der Einzelrichter hat das Verfahren auf die Kammer übertragen (§ 568 Nr. 2 ZPO).
II.
Das Amtsgericht eröffnete nach Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.500 EUR am 1.8.2003 auf Antrag des Schuldners das vereinfachte Insolvenzverfahren über dessen Vermögen. Zum Treuhänder wurde Rechtsanwalt B. aus Essen bestellt. Nennenswerte Insolvenzmasse ist nicht vorhanden. Mit Schreiben vom 11.11.2002 forderte das Finanzamt Iserlohn den Treuhänder zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung und zur gesonderten Feststellung der Einkünfte jeweils für das Jahr 2001 auf. Der Treuhänder beabsichtigt, die Steuererklärungen durch einen Steuerberater fertigen zu lassen. Da die hierfür erforderlichen Kosten durch die Masse nicht gedeckt sein werden, hat der Schuldner einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung gestellt, den der Treuhänder unter Berufung auf eine Entscheidung des LG Kassel (ZInsO 2002, 1040f) unterstützt. Das Amtsgericht hat dem Stundungsantrag stattgegeben, soweit die Verfahrenskosten durch den bereits eingezahlten Vorschuss in Höhe von 1.500 EUR nicht gedeckt sind. Zugleich hat es festgestellt, dass die Stundungsentscheidung auch die Steuerberaterkosten umfasst und dass diese erforderlichenfalls als Auslagen des Treuhänders aus der Staatskasse zu erstatten sind. Hiergegen wendet der Bezirksrevisor sich mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Er macht geltend: Die Einschaltung eines Steuerberaters sei nicht notwendig; Steuerberaterkosten seien keine Verfahrenskosten; wenn überhaupt käme eine Erhöhung der Treuhändervergütung in Betracht. Die gemäß § 4d InsO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der Treuhänder ist verpflichtet, der Aufforderung des Finanzamtes Iserlohn vom 11.11.2002 zur Abgabe der dort genannten Steuererklärungen nachzukommen. Der Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren tritt an die Stelle des Insolvenzverwalters. Er hat während des Verfahrens - mit den Modifikationen des § 313 Abs. 2/3 InsO - die Aufgaben zu erfüllen, die im Regelinsolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter obliegen. Der Insolvenzverwalter aber ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Steuererklärung auch für zurückliegende Zeiträume verpflichtet; die Erklärungspflicht trifft ihn auch in masselosen Verfahren (BFH 2IP 1994, 1969ff).
Der Treuhänder ist nicht verpflichtet, die Steuererklärungen selbst zu fertigen. Er darf vielmehr die Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch nehmen. Dies gilt zwar nicht allgemein, wegen der Besonderheiten jedoch im hier, zu entscheidenden Fall. Der Treuhänder hat im Schreiben vom 3.2.2003, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen er die Steuererklärungen (Gewerbesteuer und gesonderte Feststellung der Einkünfte) nur unter Hinzuziehung eines Steuerberaters abgeben kann. Der Treuhänder dürfte demnach ohne Verletzung eigener Pflichten einen Steuerberater zu Lasten der Masse beauftragen. Da Masse hier nicht vorhanden ist, ist ihm dieser Weg jedoch faktisch versperrt. Ihm bleibt damit nur die Möglichkeit, die Steuererklärungen auf eigene Kosten zu fertigen/fertigen zu lassen. Masselosigkeit führt damit zu einer Schlechterstellung, die sachlich nicht gerechtfertigt ist und die deshalb behoben werden muss (im Ergebnis ebenso: AG Dresden ZlnsO 2002, 735f; LG Kassel ZlnsO 2002, 1040f; Wienberg/Voigt ZIP 1999, 1662ff; Förster ZlnsO 2002, 736; Keller EWiR 2002, 957f). Die Kammer teilt insoweit den vom Amtsgericht eingeschlagenen Weg über eine Stundung der Verfahrenskosten.
Es erscheint sachgerecht, die Sachberaterkosten als erstattungsfähige Auslagen im Sinne der §§ 13, 10, A Abs. 2 Ins W und damit als Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 Nr. 2 InsO anzusehen und so Zugang zur Verfahrenskostenstundung zu finden (AG Dresden ZlnsO 20Ü2, 735f; Wienberg/Voigt ZIP 1999, 1662ff; Keller EWiR 2002, 957f.). Es ist zwar auch denkbar, hierauf weist der Bezirksrevisor zu Recht hin, einen Ausgleich über eine Erhöhung der Treuhändervergütung zu erreichen. Die hier vorgeschlagene Lösung dürfte aber praktikabler sein.
Die Entscheidung des Amtsgerichts ist somit nicht zu beanstanden, die sofortige Beschwerde daher zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3028123 |
VuR 2003, 389 |
VuR 2003, 389 (amtl. Leitsatz) |
ZInsO 2003, 625 |
ZInsO 2003, 625 (Volltext mit red. LS) |
ZVI (Beilage) 2004, 15 (amtl. Leitsatz) |
ZVI 2003, 431 |
ZVI 2003, 431-432 (Volltext mit red. LS) |