Entscheidungsstichwort (Thema)

Girokonto. Sozialleistungen. Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO

 

Normenkette

ZPO § 765a

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts F vom 02.11.2010 wird aufgehoben, soweit die Pfändung aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts F vom 17.06.2009 in das bei der Drittschuldnerin geführte Konto mit der Nummer ....... in Höhe von 1.087,35 € einmalig aufgehoben und der unpfändbare Freibetrag für den Monat November 2010 einmalig um 1.087,35 € erhöht wurde. Der Antrag der Schuldnerin vom 17.09.2010 wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten werden auf die Hälfte reduziert. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die nach § 793 ZPO statthafte sofortige Beschwerde, über welche die Kammer nach Übertragung der Sache durch den Einzelrichter gem. § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO zu entscheiden hatte, ist zulässig, insbesondere innerhalb der in § 569 I 1 ZPO bestimmten Frist eingelegt worden.

In der Sache hat die Beschwerde nur teilweise Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht der Schuldnerin auf ihren Antrag vom 04.10.2010 Vollstreckungsschutz wegen der am 30.09.2010 auf Ihrem Konto eingegangenen Sozialleistung in Höhe von 289,58 € gewährt. Denn die Voraussetzungen des § 765a ZPO für die Gewährung von Vollstreckungsschutz liegen im vorliegenden Fall vor. Dass die Schuldnerin nach Ausschöpfung des Pfändungsfreibetrages für den Monat September allein wegen der vorlaufenden Gewährung von Sozialleistungen am Ende des Vormonates für den Monat Oktober keine genügenden Geldmittel zur Verfügung hat, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, stellt eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende Härte dar. Demgegenüber stellt sich die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Gläubigerin als unwesentlich dar, zumal nach der im gesamten Zwangsvollstreckungsrecht erkennbaren gesetzgeberischen Grundwertung Sozialleistungen, die ein Schuldner zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes für den laufenden Monat benötigt, dem Gläubigerzugriff im Regelfall entzogen sein sollen.

Dabei liegt eine grobe Härte für die Schuldnerin nicht schon deswegen nicht vor, weil diese trotz der im September 2010 erfolgten Pfändung und Überweisung im Monat Oktober 2010 im Rahmen des Pfändungsfreibetrages wieder über das auf Eingängen des Vormonats basierende Guthaben frei verfügen könnte. Dass dies der Fall wäre, folgt insbesondere nicht aus der Regelung des § 850k I 1 ZPO n.F.. Hiernach kann ein Schuldner bis zum Ende eines Kalendermonats in Höhe des monatlichen Freibetrages über sein Kontoguthaben frei verfügen. Insoweit wird das Kontoguthaben von der Pfändung nicht erfasst. Dass einmal gepfändete und durch gerichtlichen Beschluss bereits zur Einziehung überwiesene Forderungen nach Beginn eines neuen Kalendermonats wieder an den Schuldner zurückfallen, so dass dieser in die Lage versetzt wird, seinen monatlichen Freibetrag aus diesem ursprünglich vorhandenen Guthabenanteil zu befriedigen, ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes nicht. Auch die Gesetzesmaterialien lassen insofern keine eindeutigen Rückschlüsse zu. Zwar findet sich etwa auf Seite 13 der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes (BT-Drs 16/7615) der Hinweis, dass das durch einen Zahlungseingang entstandene Guthaben den Grundstock für den Freibetrag des Folgemonats bilden kann. Dieser Hinweis steht jedoch im Zusammenhang mit Ausführungen zu einer fehlenden Ausschöpfung des Freibetrages, so dass naheliegt, dass der Gesetzgeber insofern lediglich die Berücksichtigungsfähigkeit solcher Eingänge herausstellen wollte, die im Vormonat gerade nicht bereits der Pfändung unterfallen sind.

Berücksichtigt man weiter, dass ein Forderungsrückfall an den Schuldner nach Beginn eines neuen Kalendermonats nicht nur dogmatisch äußerst bedenklich, sondern aus Vertrauensschutzgesichtspunkten kaum zu rechtfertigen wäre, kann jedenfalls der derzeitigen gesetzlichen Regelung nicht die Wertung entnommen werden, dass Eingänge des Vormonates, die infolge einer vorherigen Ausschöpfung des Pfändungsfreibetrages von der Wirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfasst wurden, dem Schuldner im Folgemonat wieder zur Verfügung stehen (wohl a.A.: Stöber, Forderungspfändung, 15. Auflage 2010, Rn 1300c).

Dass die kontoführenden Kreditinstitute im Rahmen der Führung eines Pfändungsschutzkontos nach § 850k ZPO verpflichtet wären, bestimmte Zahlungseingänge danach zu überprüfen, ob deren Zweckbestimmung auf den Folgemonat gerichtet ist, um diese dann ggf. erst für den Folgemonat zu berücksichtigen, vermag die Kammer ebenfalls nicht festzustellen. Zum einen würde eine solche Regelung zu ganz erheblichen Umsetzungsproblemen und Haftungsrisiken für die kontoführenden Kreditinstitute führen, zum anderen ergibt sich für eine derart weitreichende Prüfungskompetenz und -verpflichtung der Kreditinstitute ke...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge