Entscheidungsstichwort (Thema)
Passivlegitimation, Diskriminierungsverbot
Normenkette
AGG §§ 19, 21
Verfahrensgang
AG Essen (Urteil vom 10.12.2021; Aktenzeichen 20 C 165/21) |
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 10.12.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen – Az. 20 C 165/21 – durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Wertfestsetzung für das Berufungsverfahren ist auf den Betrag i. H. v. 3.000,– EUR beabsichtigt (Berufung 1.500,00 EUR, Anschlussberufung 1.500,00).
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme, die Beklagte ggf. auch zur Rücknahme der Berufung binnen zwei Wochen.
Tatbestand
I.
Die Kammer ist einstimmig der Überzeugung, dass die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte und gemäß §§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2, 546 ZPO, noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen, §§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO, eine abweichende Beurteilung.
Das Amtsgericht hat aus berufungsrechtlicher Sicht beanstandungsfrei dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 1.500,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.10.2021 zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Soweit die Berufungsbegründung Anlass zur Erörterung gibt, beruht dies auf folgenden Erwägungen:
1.
Beanstandungsfrei hat das Amtsgericht die Passivlegitimation der Beklagten angenommen. Soweit die Berufung unter Anführung der Entscheidung des Landgerichts Aachen vom 17.03.2009 (Az.: 8 O 449/07) einwendet, dass nicht die Beklagte als Hausverwaltung auf Entschädigung nach den §§ 19, 21 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (im Folgenden AGG) in Anspruch genommen werden könne, sondern sich der Kläger allenfalls an den Eigentümer als etwaig Benachteiligenden im Sinne des § 21 Abs. 2 S. 1 AGG halten müsse, so ist dem entgegenzuhalten, dass passivlegitimiert derjenige ist, der die Benachteiligung getätigt hat bzw. dem sie zuzurechnen ist. Das kann auch ein Makler oder sonstiger Vermittler sein (Däubler/Beck/Olaf Deinert, AGG, 5. Auflage 2022, § 21 Rn. 59).
Dafür spricht auch folgende Überlegung: § 19 Abs. 1, 2, 21 Abs. 2 AGG benennen die Adressaten der Diskriminierungsverbote nicht konkret; in der sog. Kleinanbieterklausel ist zwar ausdrücklich vom Vermieter die Rede und auch die Regelung des Näheverhältnisses in § 19 Abs. 5 S. 1, S. 2 AGG orientiert sich an den Mietparteien. Die weite Fassung des § 19 Abs. 1, Abs. 2 AGG erlaubt es aber gerade, die handelnden Personen einzubeziehen, nicht nur die Organe juristischer Personen und die gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Vertreter von Gesellschaften und sonstigen Verbänden. Diese Personen haften mithin persönlich für Diskriminierungen, wie dies auch dem Recht der unerlaubten Handlungen entspricht. Daher kann auch ein Makler oder sonstiger Vermittler in Anspruch genommen werden, der mit oder ohne Auftrag oder Vollmacht gehandelt hat, der Vermieter daneben darum nur, wenn er sich dessen Handeln zurechnen lassen muss, wobei rechtsgeschäftliches Handeln nach Vollmachtregeln, tatsächliches Handeln, wenn ein vorvertragliches Verhältnis besteht, nach § 278 BGB, sonst nach § 831 BGB zugerechnet wird (vgl. auch Derleder, Vertragsanbahnung und Vertragsabschluss über Mietwohnungen und die Diskriminierungsverbote des AGG, NZM 2007, 625 (630); ders. NZM 2009, 310 ff.). Soweit im Schrifttum und vereinzelt in der Rechtsprechung (LG Aachen, Urteil vom 17.3.2009 – 8 O 449/07 – juris, nur die Partei des abzuschließenden Schuldverhältnisses als potentieller Anspruchsgegner angesehen wird, ist dies deshalb zu eng, weil dort die weite Fassung des § 19 Abs. 1, Abs. 2 AGG nicht hinreichend gewürdigt wird. Zugleich erkennt diese andere Ansicht zumindest, dass eine Zurechnung von Gehilfenverhalten nach § 278 BGB analog notwendig ist (vgl. Thüsing, Münchener Kommentar, 9. Auflage 2021, § 19 AGG, Rn. 127 ff.). Für eine weite Auslegung im vorstehenden Sinne und wie sie mit Ausnahme einzelner Stimmen im Schrifttum und der angeführten Entscheidung des Landgerichts Aachen – die im Übrigen vom Oberlandesgericht Köln abgeändert wurde (Az.: 24 U 51/09; WuM 2010, 81 = NZM 2010, 294) – vertreten wird, sprechen auch die Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG und deren Zielsetzung, Diskriminierungen effektiv zu bekämpfen (vgl. Mörsdorf, beck-online.Großkommentar, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Hrsg: Looschelders, Stand: 15.01.2022, § 21 AGG, Rn. 76).
Allein der Gesetzeszweck verlangt mithin diese extensive Auslegung, die auch vom offenen Wortlaut erfasst wird. Vorliegend hat das Amtsgericht daher die Beklagte als Hausverwaltung zutreffend für passivlegitimiert erachtet.
In der Sache hat das Amtsgericht ferner bei Feststellung einer Benachteiligung des Klägers aus Gründen der ethnischen Herkunft i. S...