Verfahrensgang
AG Essen-Steele (Urteil vom 06.02.2002; Aktenzeichen 11 C 618/01)) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Februar 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen-Steele (Az.: 11 C 618/01) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Zur Darstellung des Tatbestandes wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 I 1 ZPO).
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht zum Ausgleich der für den Monat Mai/Juni 2001 verlangten Restmiete von 304,46 EUR verurteilt. Das Mietverhältnis endete auf Grund der von der Beklagten am 06.03.2001 ausgesprochenen Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 des Mietvertrages in Verbindung mit § 565 Abs. 3 BGB a. F. zum 30.06.2001 und nicht, wie die Beklagte meint, bereits zum 08.06.2001.
Bei dem zwischen den Parteien ehemals bestehenden Mietvertrag handelt es sich um einen vom Anwendungsbereich des AGBG erfassten Formularvertrag. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auslegungsfähig, wobei, weil sie für eine Vielzahl von Fällen gelten, nach herrschender Lehre das Prinzip der objektiven Auslegung gilt.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind daher ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht gebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Es ist dabei auf den Sinnzusammenhang abzustellen, wie er sich bei aufmerksamer Durchsicht der vertraglichen Regelungen für den Kunden darstellt (Palandt § 5 AGBG Rn. 7).
Die Beklagten durfte für die von ihr vorzunehmende Wertung, wann das Mietverhältnis auf Grund einer ordentlichen Kündigung endete, nicht isoliert auf § 9 Abs. 1 des Mietvertrages abstellen, sondern musste auch die übrigen Bestimmungen des Formularvertrages in die Betrachtung einbeziehen. Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Ansicht kann nicht allein aus dem Umstand, dass der Mieter nach § 2 Abs. 6 des Mietvertrages verpflichtet ist, die Miete jeweils monatlich im Voraus zu entrichten, die Schlussfolgerung gezogen werden, dass dann eine ordentliche Kündigung auch nur zum Monatsende statthaft sein kann. Denn der hier maßgebliche Mietvertrag war, wie jeder andere Mietvertrag auch, zudem fristlos kündbar. Eine fristlose Kündigung erlangt aber mit Zugang Wirksamkeit, wobei dieser Zeitpunkt gerade nicht zwangsläufig mit dem jeweiligen Monatsende zusammenfallen muss.
Für die zu entscheidende Frage des Sinngehalts des § 9 Abs. 1 des Mietvertrages war vielmehr auch die in § 1 Abs. 4 des Vertrages getroffene Regelung heranzuziehen. Hiernach war der Mietvertrag zunächst befristet bis zum 30.06.1997 abgeschlossen worden, wobei er sich nach Ablauf der Befristung mit den Kündigungsfristen des § 9 des Mietvertrages fortsetzen sollte. Das so bei Mietbeginn vereinbarte Fristende fiel mit dem Ende des Monats Juni zusammen. Bei den zugleich in Bezug genommenen, ab diesem Zeitpunkt geltenden Kündigungsfristen des § 9 Abs. 1 des Vertrages handelt es sich aber ebenfalls um Monatsfristen. Auf Grund der gebotenen Gesamtschau dieser beiden Regelungen musste die Beklagte als redlicher Empfänger gedacht und übliche Gepflogenheiten berücksichtigend, nämlich dass Mietverhältnisse nach ordentlicher Kündigung generell zum Monatsende enden, zu der Einsicht gelangen, dass auch hier keine abweichende Regelung gewollt war.
Nach Ansicht der Kammer verhält sich § 9 Abs. 1 des Mietvertrages hingegen nicht über die davon zu trennende Frage, welche Kündigungstermine – Karenzzeiten – im Zusammenhang mit dem Kündigungsausspruch zu beachten waren.
Es war daher insoweit auf die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zurückzugreifen, welche in dem hier einschlägigen § 565 Abs. 3 ZPO a. F. entsprechende Regelungen treffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Die entscheidungserhebliche Frage, wie § 9 Abs. 1 des Mietvertrages auszulegen ist, hat grundsätzliche Bedeutung, da, wie der Klägervertreter im Kammertermin bestätigt hat, die Kläger über einen größeren Wohnungsbestand verfügen und nicht ausschließbar ist, dass der hier maßgebliche Mietvertrag häufig verwendet worden ist.
Unterschriften
gez.: Dusse, gez.: Streubel, gez.: Rink
Fundstellen