Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Verfahrensgang
AG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 18.12.1989; Aktenzeichen C 561/89) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 18. Dezember 1989 – Az.: C 561/89 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, da die Kammer den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils für vollständig und richtig hält.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 511, 511 a ZPO) sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO).
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Beklagten sind gemäß § 556 BGB verpflichtet, die streitgegenständliche Wohnung an die Kläger herauszugeben und zu räumen, da der zwischen den Parteien am 23.06.1987 geschlossene und auf zwei Jahre befristete Mietvertrag am 30.06.1989 beendet wurde.
Der Beendigung des Mietverhältnisses steht das Fortsetzungsbegehren der Beklagten vom 04.04.1989 nicht entgegen.
Nach § 564 c Abs. 1 BGB kann der Mieter bei einem befristeten Mietverhältnis spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter die Fortsetzung der Mietverhältnisses verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat.
Zwar haben die Beklagten ihr Fortsetzungsbegehren mit Schreiben vom 04.04.1989 gegenüber den Klägern frist- und formgerecht angebracht, ihrem Anliegen ist jedoch der Erfolg zu versagen, da sich die Kläger ihrerseits auf ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses berufen können.
Als ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ist es gemäß § 564 c Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB anzusehen, wenn die Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert werden und dadurch erhebliche Nachteile erleiden.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend zugunsten der Kläger erfüllt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt eine wirtschaftliche Verwertung insbesondere auch im Fall des, insoweit unbestrittenen, Verkaufs der Streitgegenstandlichen Wohnung durch die Kläger vor (vgl. Bundesverfassungsgericht in NJW 1989, S. 972).
Die Verwertung in Form des Verkaufes erweist sich auch als angemessen.
Angemessen ist ein Verkauf, unter Beachtung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit des Vermieters, insbesondere dann, wenn die durch den Verkauf erzielten Geldmittel für die Beschaffung neuen Wohnraums verwendet werden sollen (vgl. Palandt, 49. Aufl., § 564 b Rdnr. 8 aa).
Die Kläger haben insoweit unwidersprochen vorgetragen, den Verkaufserlös zur Finanzierung ihrer eigenen, selbst genutzten Wohnung zu benötigen. Von einer angemessenen Verwertung ist daher auszugehen.
Durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses würden die Kläger auch erhebliche Nachteile erleiden.
Als erhebliche Nachteile im Sinne dieser Vorschrift hat die Rechtsprechung u.a. anerkannt, wenn das Grundstück über längere Zeit keine Nutzungen bringt (§ 100 BGB) oder Zinsverluste infolge der Vorenthaltung des Kaufpreises entstehen.
Dabei darf das Erfordernis für die Annahme erheblicher Nachteile nicht soweit ausgedehnt werden, daß verlangt wird, daß der Vermieter anderenfalls in Existenznot geraten würde (vgl. Bundesverfassungsgericht a.a.O.).
Vorliegend kann es unentschieden bleiben, ob die Kläger, wie beklagtenseits in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten wird (§ 138 Abs. 4 ZPO), den erst nach Räumung anfallenden Kaufpreisrest in Höhe von 90.000,– DM zu einem Zinssatz von 8,5 %, bei einer monatlichen Belastung in Höhe von 637,50 DM zwischenfinanzieren müssen.
Ein erheblicher Nachteil ergibt sich nämlich aus dem unwidersprochenen Vortrag der Kläger, daß gemäß XVI des notariellen Kaufvertrages vom 12.09.1988, die von den Beklagten zu zahlende Nettomiete in Höhe von 443,– DM, der Käuferin der Wohnung, … als Ersatz für die Verzinsung der bereits als Teilkaufpreis im Dezember 1988 geleisteten 90.000,– DM zufließt. Auf diese Weise entsteht den Klägern ein erheblicher Nachteil, da sie einerseits als Eigentümer der streitgegenständlichen Wohnung noch deren Lasten zu tragen haben, andererseits jedoch infolge der Abrede mit der Käuferin der Wohnung keine Nutzungen mehr erzielen können.
Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB erfüllt, so daß die Kläger dem Fortsetzungsbegehren der Beklagten nicht nachzukommen brauchen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Dem Antrag der Beklagten auf Einholung eines Rechtsentscheids war nicht nachzukommen, da die aufgeworfene Rechtsfrage weder von grundsätzlicher. Bedeutung ist, noch eine Abweichung von der Rechtsprechung eines anderen Landgerichts ersichtlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Fundstellen