Verfahrensgang
AG Bad Iburg (Urteil vom 22.09.1993; Aktenzeichen 4 C 228/93) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. September 1993 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Iburg geändert.
Die Beklagten werden verurteilt, die in der linken Hälfte des Hauses … in … gelegene Wohnung, bestehend aus fünf Zimmern, Küche, Korridor, Bad und Toilette zu räumen und in geräumten Zustand mit sämtlichen Schlüsseln an den Kläger herauszugeben.
Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Dezember 1994 gewährt.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Räumung von Wohnraum in Anspruch, die er auf eine Verwertungskündigung stützt.
Der Kläger betreibt einen … in …. Er ist Eigentümer eines in unmittelbarer Nähe seines Betriebes gelegenen Grundstücks, das mit einem Doppelhaus bebaut ist und das von den Beklagten und einer anderen Familie, die der Kläger ebenfalls auf Räumung in Anspruch nimmt, bewohnt wird. Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist unbefristet zum 1. Februar 1989 begründet worden. Der Kläger beabsichtigt, das Wohnhaus abzureißen und an gleicher Stelle ein Geschäft für Garten- und Zooartikel zu errichten. Er möchte sich damit wirtschaftlich ein „zweites Standbein” schaffen, da der Landhandel rückläufig sei, wohingegen er für Garten- und Zooartikel einen Bedarf annimmt. Die Baubehörde hat Abbruch- und Neubaugenehmigung erteilt. Die Anschaffungskosten des vermieteten Hausgrundstücks betrugen seinerzeit 142.000 DM. Der Kläger erzielt von beiden Mietparteien eine Kaltmiete in Höhe von insgesamt jährlich 9.000 DM, aus der er sich maßgeblich nach Abzug der Grundsteuer, der Steuerberatungskosten sowie Absetzungen für Abnutzung einen Überschuß in Höhe von 5.108 DM im Jahr 1991 und in Höhe von 5.172 DM im Jahr 1992 errechnet. Der Kläger schätzt, daß er mit dem zu errichtenden Garten- und Zoohandel monatlich 100.000 DM umsetzen kann. Abzüglich der Umsatzsteuer und des Wareneinsatzes schätzt der Kläger den Rohertrag auf 240.800 DM. Die im einzelnen aufgeführten betrieblichen Aufwendungen bemißt der Kläger mit 168.220 DM. Darin sind Personalaufwendungen für zwei Arbeitnehmer in Höhe von geschätzt 93.600 DM sowie Zinsaufwendungen in Höhe von 29.500 DM enthalten, die der Kläger auf der Grundlage der Herstellungskosten der Verkaufs- und Lagerhalle in Höhe von 250.000 DM errechnet hat.
Der Kläger hat mit Anwaltsschreiben vom 11. November 1992 die Kündigung des Mietverhältnisses zum 28. Februar 1993 erklärt und dazu ausgeführt:
„Die Kündigung ist notwendig, weil mein Mandant durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wäre und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB). Mein Mandant beabsichtigt, das von ihnen bewohnte Gebäude abreißen zu lassen und an gleicher Stelle Büro-, Verkaufs- und Lagerräume für die von ihm betriebene Getreide-, Futter- und Düngerhandlung zu errichten. Diese Maßnahme ist erforderlich, um die Rentabilität des Unternehmens zu erhalten bzw. zu steigern. Für den geplanten Neubau ist das Grundstück prädestiniert, da es in unmittelbarer Nähe der bereits jetzt vorhandenen Betriebsgebäude liegt. Ein anderes Grundstück steht nicht zur Verfügung. Die geplante Baumaßnahme ist darüberhinaus mit der Gemeinde Hagen abgesprochen und liegt auch im öffentlichen Interesse”.
Die Beklagten, die eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 400 DM zahlen und drei Kinder im Alter von 3 – Zwillinge – und 9 Jahren haben, sind dem Räumungsanspruch entgegengetreten. Sie halten eine Zweckentfremdungsgenehmigung für erforderlich und bestreiten, daß die Baumaßnahme zur Erzielung der angestrebten Rendite erforderlich sei. Das Amtsgericht hat die Klage ohne weiteres abgewiesen. Eine erfolgreiche Verwertungskündigung erfordere ein „Zahlenwerk” durch das der Vermieter erkennen könne, ob die Kündigung von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen werde. Als von Anfang unwirksam könne die Kündigung auch nicht durch das nachgeschobene Vorbringen Wirksamkeit erlangen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der zwischenzeitlich nochmals mit Schreiben vom 2. November 1993 die Kündigung zum 31. Januar 1994 erklärt hat und hilfsweise die Feststellung erstrebt, daß die Beklagten zu diesem Zeitpunkt zur Räumung verpflichtet sind. Die Kammer hat den Steuerberater … als Zeugen vernommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Die von dem Kläger unter dem 11. November 1992 ausgesprochene Kündigung hatte das zwischen den Parteien begründete Mietverhältnis beendet. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinn von § 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB. Er würde durch dessen Fortsetzung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden.
I.
§ 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB berücksichtigt die Interessen beider Parteien des Mietverhältnisses und...