Leitsatz (amtlich)
Eine Zuständigkeit des WEG-Konzentrationsberufungsgerichts (§ 72 II GVG) besteht auch für Streitwertbeschwerden.
Verfahrensgang
AG Seligenstadt (Beschluss vom 13.05.2019; Aktenzeichen 1 C 316/19 (2)) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Seligenstadt vom 13.05.2019 wird verworfen.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat Anfechtungsklage gegen Beschlüsse einer Eigentümerversammlung erhoben, woraufhin das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Streitwert vorläufig festgesetzt hat. Die Kostenbeamtin hat hierauf gestützt eine Vorschussanforderung erlassen, der Kläger zahlte den Vorschuss. Mit der Beschwerde – an der er auch nach Hinweis auf die Unzulässigkeit festgehalten hat – wendet sich der Kläger gegen die Streitwertfestsetzung und begehrt eine Entscheidung durch das für das Amtsgericht zuständige allgemeine Berufungsgericht. Dieses hat das Verfahren unter Verweis auf § 72 Abs. 2 GVG an die Kammer abgegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer ist für die Entscheidung zuständig, denn das LG Frankfurt am Main ist in Hessen das zuständige WEG-Berufungskonzentrationsgericht gem. § 72 Abs. 2 GVG, weshalb das LG Darmstadt die Sache zu Recht an die Kammer abgegeben hat. Insoweit ist eine zentrale Zuständigkeit für Berufungen und Beschwerden in Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 5 WEG begründet. Das Beschlussanfechtungsverfahren ist hiervon erfasst (§ 43 Nr. 1 WEG). Entgegen der mit Vehemenz vertretenen Auffassung des Beschwerdeführers umfasst die Zentralzuständigkeit nicht nur die Streitigkeiten als solche, sondern nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch damit zusammenhängende Beschwerdeverfahren, wie Zwangsvollstreckungsverfahren (dazu Kammer ZWE 2019, 331) und Streitwertbeschwerden (vgl. nur LG Wiesbaden ZMR 2013, 565; Bärmann/Roth, § 43 Rn. 26; Jennißen/Suilmann § 43 Rn. 51; Hogenschurz NJW 2015, 1990, 1992). Dies folgt bereits aus dem gesetzgeberischen Ziel, mit der Schaffung des § 72 Abs. 2 GVG, durch eine häufigere und intensivere Befassung mit der komplexen Materie des Wohnungseigentumsrechts eine Qualitätssteigerung der Rechtsmittelentscheidungen herbeizuführen (vgl. BT-Drs. 16/3843, S. 17, 29). Dies gilt nicht nur für das materielle Recht, sondern auch für die Streitwertfestsetzungen, denn auch dort enthält § 49a GKG eine komplexe Sonderregelung für Wohnungseigentumsverfahren, die eine einheitliche Entscheidung durch ein das spezialisierte Berufungsgericht für WEG-Verfahren erforderlich macht. Darüber hinaus ist auch eine inhaltliche Verknüpfung mit der Sachentscheidung gegeben, als die Streitwertfestsetzung bei mehreren Streitgegenständen Auswirkungen auf Kostenentscheidungen hat, dies schließt es aus, den Instanzenzug für Streitwertbeschwerden anders zu bestimmen, als für die Sachentscheidung.
Die Beschwerde ist jedoch bereits unzulässig. Eine Beschwerdemöglichkeit gegen den vorläufigen Streitwertbeschluss ist gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 GKG in Verbindung mit § 67 Abs. 1 GKG nur dann gegeben, wenn die angegriffene Entscheidung zugleich beinhaltet, dass die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung (weiterer) Kosten abhängig gemacht wird. Dies ist indessen vorliegend nicht der Fall. Das Amtsgericht hat einen solchen förmlichen Beschluss nicht erlassen. Die Gebührenanforderung durch Schreiben des Kostenbeamten ist für die Statthaftigkeit der Beschwerde nicht ausreichend (allg. Auffassung; vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.02.2012 – 17 W 5/12; BDZ/Zimmermann, 4. Aufl. 2019, GKG § 67 Rn. 1 f.).
Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG (OLG Frankfurt aM, AGS 2019,289 mwN). Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen.
Fundstellen
Haufe-Index 14989823 |
ZMR 2020, 327 |
WuM 2020, 119 |
AGS 2020, 136 |
MietRB 2020, 82 |