Leitsatz (amtlich)

Ein Beschluss über Vorschüsse (§ 28 Abs. 1 WEG), die auf einem Wirtschaftsplan beruhen, der von fehlerhaften Verteilerschlüsseln ausgeht, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Hinsichtlich der Verteilerschlüssel besteht weder ein Ermessen der Wohnungseigentümer, noch kann in einem Beschluss über die Vorschüsse eine Änderung des Verteilerschlüssels nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG liegen.

 

Verfahrensgang

AG Groß-Gerau (Beschluss vom 24.11.2022; Aktenzeichen 62 C 106/22)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer wird die Kostenentscheidung im Beschluss des AG Groß-Gerau vom 24.11.2022 abgeändert. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, die neben ihnen nur aus einem weiteren Eigentümer besteht. Die Teilungserklärung sieht eine Kostentragung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile vor. Nachdem die Gemeinschaft einen Verwalter bekam, legte dieser erstmals einen Wirtschaftsplan vor. Die Kosten wurden dort nach einem Verteilerschlüssel von 50 % zu 50 % umgelegt. Auf der Versammlung beschlossen die Eigentümer „den vorliegenden Wirtschaftsplan” und dessen Fortgeltung bis zur Verabschiedung eines neuen Wirtschaftsplans. Hiergegen richtete sich die Anfechtungsklage der Kläger, mit der diese sich gegen den Verteilerschlüssel wandten. Zugleich begehrten sie eine Beschlussersetzung dahingehend, dass Vorschusspflichten gemäß eines Wirtschaftsplans mit den in der Teilungserklärung festgelegten Verteilerschlüssel beschlossen werden. Nachdem die Eigentümer zwischenzeitlich Beschlüsse zur Änderung des Verteilerschlüssels fassten, wurde der Wirtschaftsplan erneut beschlossen, hieraufhin wurde der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Amtsgericht hat die Kosten den Klägern auferlegt, da es an einem erledigenden Ereignis fehle, denn durch die Beschlüsse der späteren Eigentümerversammlung sei letztlich genau das beschlossen worden, was die Kläger angefochten hätten. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat Erfolg.

In Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Voranzustellen ist, dass es nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist nur eine Kostenauferlegung auf die Beklagte sachgerecht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes ist bei einer übereinstimmenden Erledigung für die Kostenentscheidung nicht zu prüfen, ob eine Erledigung tatsächlich eingetreten ist, ebenfalls ist dieses für die Kostenentscheidung unerheblich (OLG Dresden MDR 2018, 1215). Allerdings liegt im Streitfall ein erledigendes Ereignis vor, denn ohne die späteren Beschlüsse wäre die Klage zulässig und begründet gewesen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Anfechtungsklage gegen den Beschluss bezüglich des Wirtschaftsplans bereits deshalb – vollumfänglich – Erfolg gehabt hätte, weil die Eigentümer nicht über die Vorschüsse iSv § 28 Abs. 1 WEG beschlossen haben, sondern über den Wirtschaftsplan insgesamt (so AG Mettmann ZMR 2021, 687, AG Hamburg-St. Georg ZWE 2022, 333; ZMR 2022, 833; ebenso BeckOK BGB/Hügel, 63. Ed. 1.8.2022, WEG § 28 Rn. 2; MüKoBGB/Skauradszun § 28 Rn. 65; aA LG Berlin GE 2022, 1011). Eine Beschlusskompetenz auch das Zahlenwerk zu beschließen, besteht seit der WEG-Reform 2020 nicht mehr. Welche Folgen ein gleichwohl gefasster Beschluss zeitigt, kann hier jedoch dahinstehen, denn auch die Vorschüsse, betreffend derer eine Beschlusskompetenz nach altem und neuen Recht bestand (für Teilnichtigkeit soweit nicht die Vorschüsse betroffen sind daher Kammer ZWE 2022, 287 Rn. 7), entsprechen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Insoweit sieht die Teilungserklärung einen Kostenverteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen vor, tatsächlich wurden die Kosten hälftig verteilt. Zutreffend ist zwar, dass die Wohnungseigentümer bei der Festlegung des Wirtschaftsplans einen weiten Ermessensspielraum haben, sie können insbesondere die Vorschüsse knapp oder großzügig bemessen, der Ermessenspielraum ist insoweit nur dann überschritten, wenn die getroffene Prognoseentscheidung nicht mehr vertretbar ist. Dieses Ermessen betrifft allerdings nur die Höhe der Kosten, die vorliegend nicht im Streit steht. Die von den Anfechtungsklägern ge...

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