Leitsatz (amtlich)
Erfolgte die behauptete Pflichtverletzung vor dem Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020, findet auf den Schadensersatzanspruch auch dann das vor diesem Zeitpunkt geltende materielle Recht Anwendung, wenn sich die Schadensentwicklung auch nach dem Inkrafttreten der Reform fortgesetzt hat, es aber an einer weiteren Pflichtverletzung fehlt.
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Urteil vom 16.09.2022; Aktenzeichen 91 C 2296/20 (78)) |
Tenor
Die Berufung der Kläger und Berufungskläger vom 06.10.2022 gegen das am 16.09.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden, Aktenzeichen: 91 C 2296/20 (78) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger und Berufungskläger.
Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden sind vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger und Berufungskläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Der Streitwert wird für die erste und zweite Instanz auf 30.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Mit der Klage begehren die Kläger Feststellung einer Schadensersatzpflicht der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft wegen eines Wassereintritts in ihr Sondereigentum im Frühjahr 2020 und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Hinsichtlich der weiteren tatbestandlichen Feststellungen wird auf die amtsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und dies maßgeblich darauf gestützt, dass ein Anspruch gegen die Beklagte nicht bestünde, da der Schaden vor Inkrafttreten der Reform des Wohnungseigentumsrechts eingetreten sei und zu diesem Zeitpunkt eine Verantwortlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht bestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der diese ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgen. Sie sind weiter der Auffassung, eine Verantwortlichkeit der Beklagten für Pflichtverletzungen von Dritten habe auch schon im alten Recht bestanden. Im Übrigen seien die Schäden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der WEG Reform noch nicht abgeschlossen gewesen, insbesondere die Entwicklung der Schimmelschäden und der gesundheitsschädlichen Schimmelsporen sei erst im Rahmen der Abtrocknung der Wasserschäden im Jahr 2021 entstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung. Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass unter der Geltung des Wohnungseigentumsrechts bis zum 30. November 2020 Ansprüche gegen die Beklagte nicht bestanden. Denn die geltend gemachten Ansprüche beruhen entweder darauf, dass bei der Fassadenrenovierung, welche unstreitig vor Inkrafttreten der WEG-Reform durchgeführt wurde, die Arbeiten nicht sachgerecht ausgeführt wurden und es zu einer unzureichenden Abdichtung der Terrasse der Kläger gekommen ist; oder aber (auch) darauf, dass der Zeuge …, der für Baufirma erste Feststellungen im Rahmen einer Schadensfeststellung wegen des Wasserschadens getroffen hat, nicht für eine unverzügliche Trocknung sorgte, weshalb es zu einer Schadensvertiefung gekommen ist. Auch diese Tätigkeit fand jedoch unstreitig deutlich vor Inkrafttreten des WEMoG statt.
In beiden Fällen betreffen die Vorwürfe Maßnahmen, welche die ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen. In diese Verwaltung war die Wohnungseigentümergemeinschaft bis zur Änderung des § 18 Abs. 1 WEG durch das WEMoG allerdings nicht einbezogen. Wie der Bundesgerichtshof insoweit entschieden hat, oblag die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im alten Recht gemäß § 20 Abs. 1 WEG aF alleine den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirates auch diesem. Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft betraf demgegenüber den Bereich der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht, sondern sollte sich lediglich auf den Außenbereich beschränken, der hier nicht betroffen ist. Das Pflichtengefüge im Innenverhältnis sollte hiervon jedoch nicht berührt sein (BGH NZM 2018, 719). Soweit die Berufung insoweit gegenteilige Literaturansichten zitiert, betreffen diese sämtlichst Veröffentlichungen, die nach der WEG Reform zum neuen Recht ergangen sind. Soweit sich die Berufung für ihre gegenteilige Auffassung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes V ZR 94/12 (NJW 2012, 2955) stützt, hat diese der Bundesgerichtshof durch die vorgenannte Entscheidung ausdrücklich aufgegeben (BGH N...