Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung von Sondereigentum durch Sanierung von Gemeinschaftseigentum. kein Aufrechnungsverbot für Schadensersatzanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Muß für die Sanierung einer (zwingend in Gemeinschaftseigentum stehenden) Loggia-Bodenplatte der auf dieser verlegte (in Sondereigentum stehende) Plattenbelag entfernt werden, steht dem Sondereigentümer ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch nach WEG (juris: WoEigG) § 14 Nr 4 zu.
2. Mit diesem Schadensersatzanspruch kann gegenüber der Kostenforderung der Gemeinschaft an den Sondereigentümer aus eben dieser Sanierung aufgerechnet werden.
Orientierungssatz
Vergleiche zu Leitsatz 1 AG Königstein, 1978-09-08, 7 UR II 8/77, MDR 1979, 231.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: DM 1.103,55.
Gründe
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der betroffenen Anlage.
Die Antragsgegnerin als Eigentümerin der Erdgeschoßwohnung hatte den Boden der zu ihrer Wohnung gehörenden Loggia mit Platten versehen. Aus Anlaß einer von der Gemeinschaft beschlossenen Sanierung, die die Balkon- bzw. Loggienbodenplatten einschloß, mußte der von der Antragsgegnerin verlegte Plattenbelag entfernt werden.
Gegen den Anteil der Antragsgegnerin an den Kosten der Sanierung rechnete diese nunmehr mit den Kosten für eine Neuverlegung von Platten in der Loggia auf. Die Gemeinschaft erkannte diesen Gegenanspruch nicht an.
Im vorliegenden Verfahren macht deshalb die Gemeinschaft den noch nicht ausgeglichenen Anspruch auf anteilige Sanierungskosten geltend.
Die Antragsgegnerin hat sich hiergegen auf ihren Gegenanspruch berufen, mit dem sie aufgerechnet habe. Dabei hat sie lediglich in Höhe ihres Eigenanteils an den Plattenkosten den geltend gemachten Anspruch anerkannt.
Das Amtsgericht hat den Antrag der Gemeinschaft über den anerkannten Betrag hinaus abgewiesen, weil es den Gegenanspruch der Antragsgegnerin für gerechtfertigt hält. Die Antragsgegnerin sei zwar wegen der notwendigen Sanierung verpflichtet gewesen, den Eingriff in den von ihr verlegten Plattenbelag zu dulden. Die Gemeinschaft sei jedoch ihrerseits verpflichtet, der Antragsgegnerin den dadurch entstandenen Schaden gemäß § 14 Nr. 4 WEG zu ersetzen, ohne daß es dabei auf ein Verschulden ankomme.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gemeinschaft, mit der sie ihren Sanierungskostenanspruch in vollem Umfange weiterverfolgt. Da die Balkonbodenplatten im Gemeinschaftseigentum stünden, sei auch der Plattenbelag in Gemeinschaftseigentum übergegangen; insoweit hätte die Antragsgegnerin auch eigenmächtig Gemeinschaftseigentum verändert.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 3 WEG), jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Amtsgericht weitergehende Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Antragsgegnerin aus der Sanierung verneint. Auf die weitgehend zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses kann im wesentlichen Bezug genommen werden. Die Beschwerdebegründung gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.
Aus dem der Wohnungseigentümergemeinschaft zugrundeliegenden Vertragswerk ergibt sich, daß die Loggien des Gebäudes zum Sondereigentum der einzelnen Wohnungen gehören. Die Gemeinschaft hat insoweit zwar nur einen "Treuhandvertrag" vorgelegt, der nicht die Antragsgegnerin betrifft. Da es sich aber um ein vorgedrucktes Vertragsformular handelt, hat die Kammer keinen Zweifel daran, daß auch die zur Wohnung der Antragsgegnerin gehörende Loggia deren Sondereigentum zugewiesen worden ist.
Eine Ausnahme gilt insoweit nur für die tragenden Teile der Loggia, also für die Bodenplatte, die zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen muß (Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 5 RN 4; AG Königstein im Taunus - 8.9.1978 - MDR 1979, 231 (232)). Bei dem auf den Boden einer Loggia verlegten Plattenbelag handelt es sich offenkundig nicht um einen tragenden Teil der Loggia.
Scheidet mithin Gemeinschaftseigentum an dem Plattenbelag der zur Wohnung der Antragsgegnerin gehörenden Loggia aus, so stand er im Alleineigentum der Antragsgegnerin. Da durch die Verlegung der Platten nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer eingegriffen worden ist, bedurfte die Antragsgegnerin für diese bauliche Veränderung keiner Genehmigung der Gemeinschaft (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG).
Um die erforderlichen Sanierungsarbeiten an den Bodenplatten der Loggia durchführen zu können, war die Antragsgegnerin nicht nur verpflichtet, das Betreten ihres Sondereigentums zu gestatten (§ 14 Nr. 4 WEG), sondern hatte auch die Beeinträchtigung des von ihr verlegten Plattenbelags zu dulden (BayObLG - 6.2.1987 - WEZ 1987, 141).
Dann ...