Leitsatz (amtlich)

Ist der Verwalter selbst Wohnungseigentümer, ist er im Anfechtungsverfahren nicht bereits deshalb nach § 45 Abs. 1 WEG als Zustellungsbevollmächtigter ausgeschlossen.

Eine Eigentümerversammlung kann am Abend des Pfingstmontags stattfinden.

Enthält die Teilungserklärung eine qualifizierte Protokollierungsklausel, genügt es nicht, wenn neben einer Wohnungseigentümerin, die zugleich gesetzliche Vertreterin einer weiteren Wohnungseigentümerin ist, für diese ein anderer der Eigentümerin weisungsgebundener Vertreter das Protokoll unterzeichnet.

 

Verfahrensgang

AG Rüsselsheim (Urteil vom 29.06.2018; Aktenzeichen 3 C 759/17 (40))

 

Tenor

Die Berufung der Berufungsklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim vom 29.06.2018 wird durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Berufungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Berufungsklägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf bis zu 200.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte zu 4 ist Geschäftsführerin der Beklagten zu 6. Die Gemeinschaftsordnung sieht unter § 14 Abs. 8 vor, dass in Ergänzung des § 23 WEG „zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung […] die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vom Verwalter und von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterzeichnen.”

Die Beklagte zu 6 war zur Verwalterin bestellt, Bestellungsbeschlüsse wurden durch Urteile der Kammer vom 05.05.2017, zugestellt am 15.05.2017, für ungültig erklärt.

Am 20.05.2017 lud die Beklagte zu 6 als Verwalterin zu einer Eigentümerversammlung auf den 5. Juni 2017 (Pfingstmontag) um 19.00 Uhr. Die Beklagte zu 6 ließ sich auf der Versammlung durch ihren Handlungsbevollmächtigten (§ 54 HGB) vertreten. Auf der Versammlung wurde zu TOP 2 die Beklagte zu 6 und die Beklagte zu 4 als Protokollunterzeichner bestimmt, das Protokoll unterzeichnete für die Beklagte zu 6 der Handlungsbevollmächtigte.

Auf der Versammlung wurden – soweit für den Rechtsstreit von Interesse – zu TOP 3 die Beklagte zu 6 als Verwalterin gewählt, zu TOP 4 und 5 wurden Beschlüsse über Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan gefasst.

Die Kläger fechten mit der Klage diese Beschlüsse an. Die Klage wurde nur der Beklagten zu 6 zugestellt. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass die Beschlüsse bereits deshalb für ungültig zu erklären seien, da die Beklagte zu 6 zum Zeitpunkt der Einladung nicht (mehr) Verwalterin gewesen sei, zudem sei die Protokollierungsklausel in der Teilungserklärung nicht befolgt worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. …

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.

1. Zu Recht geht das Amtsgericht von einer wirksamen Zustellung an die Beklagte zu 6 aus. Durch den angefochtenen Beschluss zu TOP 3 wurde die Beklagte zu 6 als Verwalterin gewählt, dieser Beschluss ist zunächst bis zu seiner Ungültigerklärung wirksam (§ 23 Abs. 4 WEG). Entgegen der Auffassung der Berufung ist das Amtsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 6 nicht als Zustellvertreter ausgeschlossen ist (§ 45 Abs. 1 WEG). Anders als die Berufung meint, ist mit „Gegner der Wohnungseigentümer” in § 45 Abs. 1 WEG nicht gemeint, dass der Verwalter auch nur einem Wohnungseigentümer als Gegner gegenübersteht, sondern dass er den übrigen Wohnungseigentümern entgegentritt (vgl. statt aller Niedenführ § 45 Rn. 10). Dies kann bei Beschlussanfechtungsklagen nur dann der Fall sein, wenn der Verwalter selbst klagt (vgl. etwa Bärmann/Roth § 45 Rn.19; Jennißen/Suilmann § 45 Rn. 12). Für die Annahme der Berufung, der Verwalter, der selbst Wohnungseigentümer sei, schließe § 45 Abs. 1 WEG eine Zustellbevollmächtigung aus, gibt der Wortlaut keinen Anlass. Eine derartige Auslegung ist auch nicht geboten, denn anders als im Falle, in dem der Verwalter den übrigen Wohnungseigentümern entgegentritt, gibt es hier keinerlei Interessenwiderspruch, vielmehr wird das Interesse des Verwalters, der zugleich Eigentümer ist, an der Verteidigung des Beschlusses häufig sogar höher sein, als das Interesse des reinen Verwalters. Daher ist nichts ...

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