Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Räumungsvollstreckung: Lagerung von Geschäftsunterlagen durch den Gerichtsvollzieher. Kosten der Räumungsvollstreckung: Kostentragung des Gläubigers für die Lagerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß ZPO § 885 Abs 4 endet die Lagerfrist für Räumungsgut nach 2 Monaten. Unpfändbare Gegenstände sollen vernichtet werden. Das gilt grundsätzlich auch für unpfändbare Geschäftsbücher. Der Gerichtsvollzieher hat jedoch wegen der mehrjährigen gesetzlichen Aufbewahrungsfrist von der Vernichtung abzusehen und dem Schuldner eine angemessene Frist zur Abholung der Unterlagen zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Lagerfrist hat der Gerichtsvollzieher hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise die Weisung des Vollstreckungsgerichts einzuholen.

2. Für den Vollstreckungsgläubiger ist die Zwangsvollstreckungsmaßnahme mit Ablauf der 2Monats-Frist abgeschlossen. Er haftet nicht für später anfallende Kosten.

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.11.2001; Aktenzeichen 33 M 104/01-39)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Gläubiger wird der Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.11.2001 abgeändert.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Durchführung des Zwangsvollstreckungsauftrags betr. des als Lager- und Archivraum ausgebauten Dachgeschosses mit WC im 3. Obergeschoß des Mittelbaus … nicht von einem über 7.669,38 € (DM 15.000,00) hinausgehenden Vorschuß abhängig zu machen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 139.582,68 € (DM 288.000,00 – DM 15.000,00 = DM 273.000,00)

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Amtsgericht Frankfurt am Main vom 26.11.2001 ist nach §§ 793 Abs. 1, 577 Abs. 2 in der bis zum 31.12.2001 maßgeblichen (vgl. § 26 Nr. 10 EGZPO) Fassung zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.

Die Entscheidungszuständigkeit des Landgerichts folgt aus § 5 Abs. 2 S. 3 GvKostG.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Die Anforderung eines Vorschusses in Höhe von DM 288.000,00 mit Verfügung vom 18.08.2001 war rechtswidrig, weil nicht von § 4 Abs. 1 S. 1 und 2 GvKostG gedeckt.

Nach diesen Vorschriften kann die Durchführung des Vollstreckungsauftrags von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden, der die voraussichtlich entstehenden Kosten deckt. Diese Kosten hat der Gerichtsvollzieher zu Unrecht unter Zugrundelegung einer zehnjährigen Aufbewahrungs- und Lagerfrist von 10 Jahren berechnet.

Denn die Lagerfrist für das Räumungsgut endet gemäß § 885 Abs. 4 ZPO nach 2 Monaten. Fordert der Schuldner binnen dieser Frist das untergebrachte Räumungsgut nicht ab oder fordert er ab, ohne die Kosten zu zahlen, dann schließt der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung ab.

Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden. Dies gilt auch für unpfändbare Gegenstände (vgl. Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 60. Aufl. 2002, Rn. 28 zu § 885 ZPO).

Damit gilt das Vernichtungsgebot grundsätzlich auch für nach § 811 Abs. 1 Nr. 11 ZPO unpfändbare Geschäftsbücher.

Trifft den Schuldner hinsichtlich der weggenommenen Unterlagen jedoch eine mehrjährige gesetzliche Aufbewahrungspflicht, so hat der Gerichtsvollzieher von einer Vernichtung abzusehen und den Schuldner unter Setzung einer angemessenen Frist zur Abholung der Unterlagen aufzufordern. Bleibt diese Aufforderung erfolglos, so beendet der Gerichtsvollzieher seinen Vollstreckungsauftrag, indem er nach Ablauf der Frist des § 885 Abs. 4 S. 1 ZPO die Weisung des Vollstreckungsgerichtes hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise einholt. Insoweit folgt die Kammer den Ausführungen des im vorliegenden Beschwerdeverfahren beteiligten Bezirksrevisors in dessen Stellungnahme vom 12.02.2002.

Die Entscheidung über die weitere Aufbewahrung des Räumungsguts nach Ablauf der 2-Monats – Frist des § 885 Abs. 4 ZPO obliegt dem Vollstreckungsgericht. Für den vorschußpflichtigen Gläubiger demgegenüber ist mit der Räumung und der Unterbringung des Räumungsguts sowie mit Ablauf vorgenannter Lagerfrist die Zwangsvollstreckung abgeschlossen (vgl. LG Lübeck DGVZ 1981, 172).

Ob in einem Fall, in dem der Schuldner unbekannten Aufenthalts ist, die den Schuldner an dem Räumungsgut treffende Obhutspflicht im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf das Vollstreckungsgericht übergeht (so: AG Bad Oldesloe DGVZ 1982, 13,14; AG Frankfurt DGVZ 1987, 159), so daß dieses die bislang in der Pfandkammer lagernden Unterlagen nach Abschluß der Zwangsvollstreckung in eigene Verwahrung nehmen oder für eine anderweitige Aufbewahrung Sorge tragen muß, bedarf vorliegend nicht der Entscheidung. Denn sie ist nicht Streitgegenstand der Beschwerde gegen die Höhe des vom Gerichtsvollzieher angeforderten Kostenvorschusses.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, 5 Abs. 6 GKG.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung z...

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