Leitsatz (amtlich)

Schadensersatzansprüche, bei denen der dem Schadensersatzanspruch zugrundeliegende Sachverhalt vor dem 1. Dezember 2020 abgeschlossen wurde, sind nach den bis zum 30. November 2020 geltenden Vorschriften des WEG zu beurteilen.

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Aktenzeichen 800 C 2364/19)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit …

wird der Berufungskläger darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen. Der Berufungskläger mag binnen vorgenannter Frist auch mitteilen, ob die Berufung zurückgenommen wird.

 

Tatbestand

Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz wegen einer vermeintlichen Pflichtverletzung, die einen Schaden auf Seiten des Klägers verursacht haben soll. …

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.696 EUR Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.7.2019 zu zahlen, weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Nach einstimmiger Meinung der Kammer hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht einen Anspruch auf Schadensersatz abgelehnt. Dem Kläger steht gegen den Beklagten nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Verwalter zu.

1. Auf die Prozessführungsbefugnis und die Aktivlegitimation des Klägers hat das Inkrafttreten des WEMoG keine Auswirkungen, da kein besonderes Verfahren im Sinne der §§ 43 ff. WEG vorliegt, sodass die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG keine Anwendung findet.

2. Das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs ist nach den bis zum 30.11.2020 geltenden Vorschriften des WEG zu beurteilen. Allerdings hat der Gesetzgeber für das anzuwendende materielle Recht keine Übergangsvorschrift geschaffen, sodass grundsätzlich auch in bereits oder noch anhängigen Verfahren das am 1.12.2020 in Kraft getretene Recht gilt. Eine Ausnahme gilt allerdings für die Beurteilung eines Schadensersatzanspruchs, wenn der dem Schadensersatzanspruch zugrundeliegende Sachverhalt vor Inkrafttreten des neuen Rechts abgeschlossen wurde. So liegt der Fall hier.

Der Kläger stützt sein Klagebegehren auf eine Pflichtverletzung, die der Verwalter im Dezember 2018 und damit vor Inkrafttreten des WEMoG begangen haben soll. Auch der Schaden in Form des durch die Unterbrechung der Stromzufuhr verursachten Absterbens der Fische und Korallen in dem Aquarium des Klägers ist zu dieser Zeit vollständig eingetreten. Die Anwendung der am 1.12.2020 in Kraft getretenen Vorschriften würde im Wege der (echten) Rückwirkung in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 19 Rn. 2007). Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers ist nicht ersichtlich. Die echte Rückwirkung ist zudem grundsätzlich unzulässig, es sei denn, es bestand kein Vertrauensschutz auf den Bestand der damals gültigen Norm (vgl. BVerfG, NZA 2020, 1338 Rn. 15 f.; zu der WEG-Reform 2007 BGH, NJW 2009, 999 Rn. 12), was nicht der Fall ist.

3. Nach dem bis zum 30.11.2020 geltenden Recht steht dem Kläger gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zu, da ihm eine etwaige Pflichtverletzung des Handwerkers nicht gemäß § 278 Abs. 1 BGB zugerechnet werden kann und der Kläger für den Nachweis einer eigenen Pflichtverletzung des Beklagten beweisfällig geblieben ist.

a) Die Zurechnung einer etwaigen Pflichtverletzung des Handwerkers gemäß § 278 Abs. 1 BGB ist nicht möglich, da der Handwerker nicht der Erfüllungsgehilfe des Verwalters ist. Zutreffend ist, dass dem Kläger nach § 27 Abs. 1 WEG aF ein eigener gesetzlicher Anspruch gegen den Verwalter auf Beschlussdurchführung zustand (vgl. BGH, NZM 2018, 719 Rn. 26) und insoweit auch ein gesetzliches Schuldverhältnis bestand. Allerdings umfasst die Pflicht des Verwalters zur Beschlussdurchführung nur die Beauftragung des Handwerkers, nicht aber die eigentliche Auftragsdurchführung. Daher wurden die beauftragten Handwerker nicht im Pflichtenkreis des Verwalters tätig, was eine Anwendung von § 278 BGB jedoch voraussetzt. Insoweit bleibt dem Kläger die Möglichkeit, den Handwerker in Anspruch zu nehmen, da der zwischen diesem und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossene Vertrag Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer entfaltet (vgl. BGH, ...

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