Leitsatz (amtlich)
Zwar kann neben § 18 Abs. 4 WEG mit Blick auf die Informationsrechte des Wohnungseigentümers in Einzelfällen dem Wohnungseigentümer über das Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen hinaus auch ein Auskunftsanspruch zustehen. Dieser setzt aber voraus, dass der Anspruchsteller die gewünschten Informationen nicht bereits im Wege des Einsichtsrechts erlangen kann.
Verfahrensgang
AG Hanau (Aktenzeichen 94 C 216/18 (94)) |
Tenor
In dem Rechtsstreit
[…]
werden die Berufungskläger darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen. Die Berufungskläger mögen binnen vorgenannter Frist auch mitteilen, ob die Berufung zurückgenommen wird.
Tatbestand
Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.
I.
Die Kläger sind Mitglieder der beklagten WEG und begehren von dieser Schadensersatz und Auskunft. [Anmerkung: Die Kläger begehren die Bekanntgabe von Name und Anschrift, gegebenenfalls Firma des Unternehmens, welches die Beklagte mit der Durchführung einer Dachsanierung beauftragt hatte und Auskunft darüber, welches Unternehmen mit dem Verschließen der in der Wohnung der Kläger entstandenen Risse beauftragt worden sei.]
Das Amtsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Wegen der Begründung der Entscheidung sowie der tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren uneingeschränkt weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung hat nach einstimmiger Auffassung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.
[…] 2.
Hingegen findet auf die Auskunftsbegehren das ab dem 01.12.2020 geltende Recht Anwendung. Nach dem danach geltenden Primat der Einsicht in die Verwaltungsunterlagen nach § 18 Abs. 4 WEG bleibt die Berufung auch insoweit ohne Erfolg.
§ 18 Abs. 4 WEG gibt dem einzelnen Wohnungseigentümer einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, welches kein besonderes Interesse an der Einsichtnahme verlangt; ein solches darf auch nicht als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hineingelesen werden (Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 5 Rn. 22). Seine Grenzen findet das Einsichtsrecht im Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) und im Schikaneverbot (§ 226 BGB) (Dötsch/ Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 5 Rn. 22; BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2021, WEG § 18 Rn. 69; BT-Drs. 19/19369, 6).
Anders als manche Informationsansprüche im Gesellschaftsrecht ist § 18 Abs. 4 WEG aber auf ein bloßes Einsichtsrecht beschränkt (Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 5 Rn. 23; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 374); Auskunft kann hierauf gestützt, nicht verlangt werden (BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2021, WEG § 18 Rn. 68, 78). Soweit vereinzelt ein Auskunftsanspruch entsprechend § 18 Abs. 4 WEG angedacht wird (BeckOK WEG/Elzer, 45. Ed. 1.7.2021, WEG § 18 Rn. 180) kann die Kammer dem angesichts des klaren Wortlauts nicht folgen. In § 18 Abs. 4 WEG hat der Gesetzgeber nur das Einsichtsrecht als Kern der Informationsrechte geregelt.
Damit ist § 18 Abs. 4 WEG mit Blick auf die Informationsrechte des Wohnungseigentümers aber nicht abschließend (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 374).
Auch nach neuem Recht bestehen weitergehende Auskunftsansprüche, die auch mit dem Vermögensbericht in § 28 Abs. 4 WEG nicht erschöpfend geregelt sind. Ein Anspruch gegen die Gemeinschaft kann zwar nicht mehr – wie vormals der Anspruch gegen den Verwalter – seine Grundlage in §§ 675, 666 BGB i.V.m. dem Verwaltervertrag finden. In Betracht kommt aber ein Auskunftsanspruch aus dem Gemeinschaftsverhältnis an sich oder auf Grundlage von § 242 BGB.
Dabei kann für den hier zu entscheidenden Fall offenbleiben, ob ein solcher nach wie vor grundsätzlich nur in der Versammlung geltend gemacht werden kann (zur früheren Rechtslage BGH, Urteil vom 11. 2. 2011 – V ZR 66/10 = ZWE 2011, 212; ebenso Dötsch/ Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 5 Rn. 23; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 375; dagegen BeckOK WEG/Elzer, 45. Ed. 1.7.2021, WEG § 18 Rn. 182) oder auch außerhalb der Versammlung an den Verwalter, als insoweit zuständiges Erfüllungsorgan der WEG gerichtet werden kann, oder ob es ggf. auf den Grund und den Inhalt des konkreten Auskunftsbegehrens ankommt.
Ein Auskunftsanspruch setzt jedenfalls voraus, dass der Anspruchsteller die gewünschten Informationen nicht bereits im Wege des Einsichtsrechts erlangen kann.
Stellt man zur Begründung des Auskunftsanspruchs auf das Gemeinschaftsverhältnis ab, so folgt dies ber...