Leitsatz (amtlich)
Bestehen zum Zeitpunkt der geplanten Eigentümerversammlungen objektiv Unsicherheiten, ob die Durchführung gemäß der geltenden Coronaschutzverordnungen zulässig ist oder die Teilnehmer sich ordnungswidrig verhalten, besteht ein Anspruch auf Absage der Versammlung.
Verfahrensgang
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des AG Fritzlar vom 30.12.2020 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsgegner, als Verwalter, hatte am 21.10.2020 zu einer Eigentümerversammlung am 7.11.2020 eingeladen. Die Gemeinschaft besteht aus mehr als 10 Eigentümern. Unter Hinweis auf die am 2.11.2020 in Kraft tretende hessische Corona-Schutzverordnung vom 29.10.2020 (im Folgenden CoronaSchutzVO) begehrten die Antragsteller, ihm die Durchführung der Versammlung zu untersagen, da sie die Begehung einer Ordnungswidrigkeit durch die Teilnahme an der Versammlung befürchteten. § 1 der vorgenannten Verordnung sah vor, dass Aufenthalte im öffentlichen Raum „nur alleine oder mit den Angehörigen eines weiteren Hausstandes bis zu einer Gruppengröße von höchstens 10 Personen gestattet” sind. Ausnahmen waren nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 CoronaSchutzVO vorgesehen für „Zusammenkünfte von Personen, die aus geschäftlichen, beruflichen, dienstlichen oder betreuungsrelevanten Gründen unmittelbar zusammenarbeiten müssen, sowie Sitzungen und Gerichtsverhandlungen”.
Das Amtsgericht hat die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen, hiergegen wendete sich der Antragsgegner mit seinem Widerspruch, den er, nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache angesichts des Zeitablaufes übereinstimmend für erledigt erklärt haben, auf die Kostenfolge beschränkte. Er stützt sich darauf, dass der Versammlungsort, ein abgeschlossener Raum einer geschlossenen Gaststätte kein öffentlicher Raum iSd Verordnung sei und zudem durch die zwischenzeitlich ausgegebenen Auslegungshinweise der Hessischen Ministerien für Wirtschaft und Soziales klargestellt sei, dass „Wohnungseigentümerversammlungen” zulässig seien, weil sie als Beispiele zulässiger Präsenzveranstaltungen aufgeführt würden.
Das Amtsgericht hat die Kosten des Rechtsstreits dem Antragsgegner auferlegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass nach dem Wortlaut der Verordnung, trotz der erst später erlassenen Auslegungshinweise, die Gefahr drohte, dass die Teilnehmer mit einem Bußgeld belastet werden, dieses Risiko müssten Eigentümer nicht eingehen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat keinen Erfolg.
In Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die Entscheidung des Amtsgerichts, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, als ermessensfehlerfrei.
Das Verfahren ist zunächst nach dem bis zum 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht zu beurteilen, denn die Eigentümerversammlung sollte im November 2020 stattfinden, so dass das erledigende Ereignis zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, als noch das alte Recht galt. Daher konnten die Antragsteller auch (noch) vom Verwalter begehren, die Durchführung der Versammlung zu unterlassen (zum Problem nach neuem Recht Dötsch IMR 2021, 169). Im Übrigen ist durch die Reform eine Änderung der materiellen Voraussetzungen der Durchführung einer Eigentümerversammlung nicht eingetreten.
Nach der Rechtsprechung der Kammer ist während der Corona-Pandemie jedenfalls dann eine Eigentümerversammlung nicht ordnungsgemäß, wenn öffentlich-rechtliche Beschränkungen eine Durchführung nicht gestatten (Kammer, NJW-RR 2021, 144 Rn. 10; Beschluss vom 16.2.2021 – 2-13 T 97/20). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Beschränkungen der möglichen Zahl der Personen, die zusammenkommen dürfen, der Teilnahme der Eigentümer entgegenstehen, denn auch während der Corona-Pandemie besteht ein Anspruch der Eigentümer auf Teilnahme an der Versammlung, da dies eines der elementaren Kernreche der Eigentümer darstellt (Kammer NZM 2021, 45 mwN).
Zutreffend hat das Amtsgericht dabei darauf abgestellt, dass maßgeblich nicht der Zeitpunkt der Einladung ist, sondern die Sach- und Rechtslage bei der Versammlung. Ändert sich diese im Zeitraum zwischen der Einladung und dem Versammlungstag, muss der Verwalter als Einladender die Ve...