Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Beschlußfähigkeit. Stimmrechtsausschluß eines Verwalter-Eigentümers und eines Angestellten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschlußfähigkeit muß im Zeitpunkt einer jeden Beschlußfassung gegeben sein.

2. Sowohl bei der Beschlußfassung über die Jahresabrechnung als auch bei derjenigen über die Entlastung des Verwalters hat dieser als Wohnungseigentümer kein Stimmrecht. Das gilt auch, soweit er gesetzlicher oder rechtsgeschäftlich bevollmächtigter Vertreter eines Wohnungseigentümers ist.

3. Der Stimmrechtsausschluß eines Vertreters besteht auch dann, wenn ihm der Vertretene eine konkrete Weisung erteilt hat.

4. Ein Angestellter des Verwalters ist grundsätzlich selbst dann nicht als Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn er intern die Jahresabrechnung erstellt hat.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Beschwerdewert: DM 38.100,--, zugleich auch Geschäftswert für das amtsgerichtliche Verfahren.

 

Gründe

Wegen des Sachverhalts wird auf den angefochtenen Beschluß Bezug genommen. Durch diesen hat das Amtsgericht die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.11.1986 über die Genehmigung der Jahresabrechnung (TOP 4) und die Entlastung des Verwalters (TOP 8) für unwirksam erklärt. Die Versammlung sei zu diesen beiden Tagesordnungspunkten nicht beschlußfähig gewesen, weil der Verwalter und die Miteigentümerin W, die die Jahresabrechnung für den Verwalter erstellt habe, kein Stimmrecht gehabt hätten und deshalb bei der Ermittlung der Beschlußfähigkeit mit den von ihnen vertretenen Miteigentumsanteilen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegner. Die Beschlußfähigkeit der Versammlung habe zu Beginn vorgelegen und sei im Verlaufe der Versammlung von niemandem beanstandet worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 1 WEG), jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluß ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Amtsgericht mangelnde Beschlußfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.11.1986 zu den Tageordnungspunkten 4 und 8 festgestellt. Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.

Zu Unrecht vertreten die Antragsgegner die Ansicht, eine einmal festgestellte Beschlußfähigkeit einer Wohnungseigentümerversammlung gelte für die gesamte Dauer der Versammlung fort, sofern sie nicht ausdrücklich beanstandet werde. Die Beschlußfähigkeit muß vielmehr im Zeitpunkt einer jeden Beschlußfassung gegeben sein (BayObLG - 27.2.1981 - Rpfleger 1981, 285 = MDR 1981, 675; Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 25 RN 35). Dies ergibt sich auch daraus, daß § 25 Abs. 3 WEG bei der Beschlußfähigkeit auf die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer abstellt und die Frage des Stimmrechts gerade wegen der Möglichkeit eines Ausschlusses nur in bezug auf jeden einzelnen Beschluß beantwortet werden kann.

Wie eben schon erwähnt, stellt § 25 Abs. 3 WEG bei der Beschlußfähigkeit auf die Stimmberechtigung ab. Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß ein Wohnungseigentümer, der zugleich Verwalter ist, bei einem Beschluß über die Genehmigung der Jahresabrechnung und bei einem Beschluß über seine Entlastung als Verwalter vom Stimmrecht gemäß § 25 Abs. 5 WEG ausgeschlossen ist (BayObLG - 18.12.1986 - NJW-RR 1987, 595; AG Emmendingen - 4.3.1983 - ZMR 1984, 101; Bärmann/Pick/Merle a.a.O. RN 54). Der Beschluß über die Jahresabrechnung beinhaltet die Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft für eine dem Verwalter obliegende Aufgabe (§ 28 Abs. 3 WEG). Die Entlastung betrifft zudem ohnehin allein den Verwalter.

Damit war in vorliegender Sache der Beteiligte zu 3) als Verwalter-Eigentümer zunächst einmal für alle seine eigenen Miteigentumsanteile vom Stimmrecht zu diesen beiden Tagesordnungspunkten ausgeschlossen. Der Ausschluß vom Stimmrecht betrifft aber auch diejenigen Miteigentumsanteile, die der Verwalter als organschaftlicher gesetzlicher Vertreter der F. -Stiftung repräsentiert; denn von der bestehenden Interessenkollision her ist diese Wohnungseigentümerin kein unbeteiligter Dritter. Insoweit ist § 25 Abs. 5 WEG nur eine besondere Ausprägung des § 181 BGB (Bärmann/Pick/Merle a.a.O. RN 52).

Darüber hinaus kann ein vom Stimmrecht Ausgeschlossener auch nicht in Vollmacht anderer Wohnungseigentümer mitstimmen (Bärmann/Pick/Merle a.a.O. RN 61; Palandt/Bassenge, BGB, § 25 WEG Anm. 4 b). Da in vorliegender Sache der Verwalter in der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.11.1986 kraft ihm erteilter Vollmachten nicht nur die Wohnungseigentümerinnen H. und L., sondern auch die Wohnungseigentümer P. und S. vertreten hat, ist er auch bezüglich der von diesen 4 Personen repräsentierten Miteigentumsanteilen ausgeschlossen. Hieran ändert der Umstand nichts, daß die Wohnungseigentümer H.,...

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