Verfahrensgang
AG Offenbach (Urteil vom 28.12.2012; Aktenzeichen 330 C 191/12) |
AG Offenbach (Aktenzeichen 330 C 191/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 28. Dezember 2012 – Az.: 330 C 191/12 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 4.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien bilden eine Wohnungserbbauberechtigtengemeinschaft mit über 1.000 Wohnungen. Mit den angefochtenen Beschlüssen zu TOP 1 und TOP 2 wurde die Beauftragung eines Rechtsanwaltes für die Verteidigung in einem Beschlussanfechtungsverfahren des Klägers zu 1 sowie die Durchführung des Berufungsverfahrens in dieser Sache und die Beauftragung eines Rechtsanwaltes beschlossen.
Bei der Versammlung waren lediglich 30 Eigentümer persönlich anwesend, ca. 450 Eigentümer sollen durch Vollmachten vertreten gewesen sein.
Der Miteigentümer … war mit 16.450,36 Miteigentumsanteilen Stimmrecht ausgestattet. Vor der Abstimmung zu TOP 1 hat ausweislich des Versammlungsprotokolls der Kläger zu 1) „den Antrag (zur Geschäftsordnung) gestellt, gem. § 180 BGB auf sofortige Einsichtnahme in die Originalvollmachten des Herrn … in der Versammlung”. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Der Kläger zu 1) behauptet, er habe daraufhin „die Bevollmächtigung des Herrn … für die nachfolgenden Abstimmungen gem. § 180 BGB beanstandet”.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten übrigen Wohnungserbbauberechtigten.
Von der Darstellung der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht der Anfechtungsklage stattgegeben.
1. Die Kammer ist mit dem Amtsgericht der Ansicht, dass ein Rechtschutzbedürfnis für die Anfechtung der Beschlüsse besteht. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die Gerichtsverfahren, die Gegenstand der Beschlussfassung gefasst worden sind, zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Denn ein Rechtschutzbedürfnis fehlt nur dann, wenn der Beschluss durchgeführt ist, eine Rückgängigmachung ausgeschlossen ist und die Ungültigerklärung auch sonst keine Auswirkung mehr haben könnte (Niedenführ/Vandenhouten § 46 Rn 101). So liegt der Fall hier allerdings nicht, denn wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass zumindest im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer Folgenbeseitigungsansprüche in Betracht kommen (vgl. dazu Kammer NJW 2015, 1767 m.w.N.).
2. Der Beschluss ist auch auf die Anfechtungsklage für ungültig zu erklären, da die Beschlussfassung an einem formellen Fehler litt und nicht auszuschließen ist, dass sich dieser Fehler kausal auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat.
a) Entgegen der Ansicht des Klägers zu 1) besteht allerdings eine Beschlusskompetenz für die gefassten Beschlüsse. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Verwalter gesetzlicher Vertreter der beklagten übrigen Wohnungseigentümer und kann aufgrund der gesetzlichen Vertretungsmacht gem. § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG im Außenverhältnis die beklagten übrigen Wohnungseigentümer umfassend vertreten und einen Rechtsanwalt beauftragen (BGH NZM 2013, 653). Wie der Bundesgerichtshof aber auch entschieden hat, nimmt diese Befugnis im Innenverhältnis den Wohnungseigentümern jedoch nicht ihre Entscheidungsmacht und ihre gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis, so dass die Wohnungseigentümer nicht gehindert sind, auf einer Eigentümerversammlung über Weisungen an den Verwalter zu beschließen (BGH a.a.O. Rn 15). Denn insoweit der Verwalter aufgrund seiner gesetzlichen Vertretungsbefugnis gem. § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG tätig wird, muss es den Wohnungseigentümern möglich sein, auf eine Eigentümerversammlung darüber zu beschließen, wie sich der Verwalter im Prozess verhalten soll. Denn die Eigentümerversammlung ist der Ort, an welchem Entscheidungsbildungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft getroffen werden. Dem steht nicht entgehen, dass im Anfechtungsprozess nicht die Eigentümergemeinschaft verklagt wird, sondern Partei des Rechtsstreites lediglich die übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft sind (a.A. AG Erfurt ZMR 2014, 152), denn Gegenstand der Willensbildung auf einer Eigentümerversammlung ist nicht nur die Willensbildung des teilrechtsfähigen Verbandes, sondern sämtlicher Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft (so auch Abramenko ZMR 2014, 703). Hierzu gehört auch die Beschlussfassung über die Verteidigung von angefochtenen Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft. Zudem ist zu berücksichtigen, dass wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat (vgl. BGH a.a.O. Rn 14 m.w.N.), der Gesetzgeber das Beschlussanfechtungsverfahren weitgehend ei...