Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Recht des Mieters einer Eigentumswohnung auf Einsicht in die der Betriebskostenabrechnung zugrundeliegenden Unterlagen bei Bestandskraft der Jahresabrechnung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das Recht des Mieters einer Eigentumswohnung auf Einsicht in die der Betriebskostenabrechnung zugrundeliegenden Unterlagen besteht auch dann, wenn der Vermieter als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft die Jahresabrechnung hat bestandskräftig werden lassen. Bis zur Einsichtnahme hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich einer Nachzahlungsforderung aus der Abrechnung.
Tatbestand
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Beklagte ist seit 1986 Mieterin einer 2 1/2-Zimmerwohnung im Hause, die die Klägerin zwischenzeitlich zu Eigentum erworben hat.
Mit Schreiben v. 28. 4. 1995 hat die Klägerin die Abrechnung der Nebenkosten für den Zeitraum Juli 1993 bis Juni 1994 erteilt, die mit einem Rückstand von 1532,91 DM endete. Gleichzeitig gab die Klägerin der Beklagten Gelegenheit zur Einsicht in die Originalunterlagen, die der Abrechnung zugrundelagen, und zwar am Mittwoch, dem 10. 5. 1995, im Haus X.
Bei diesem Treffen wurde unstreitig dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten die Einsicht in die Belege versagt mit der Begründung, die Eigentümerversammlung habe die Abrechnung genehmigt und den Mietern stünde kein weiteres Einsichtsrecht zu. Vorgelegt wurden lediglich die Verwalterabrechnungen und die Grundsteuerbescheide.
Mit vorliegender Klage hat die Klägerin den Nebenkostenrückstand geltend gemacht und die Ansicht vertreten, die Vorlage der Original-Verwalterabrechnung sei ausreichend, ein weiteres Einsichtsrecht stehe der Beklagten nicht zu.
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, sie sei an die Beschlußfassung der Eigentümerversammlung nicht gebunden. Mangels Gewährung von Einsicht in die Unterlagen sei die Nachforderung nicht fällig.
Das AG Frankfurt/M. hat der Klage stattgegeben und die Nebenkostenabrechnung für ordnungsgemäß gehalten. Die Abrechnung der Wohnungseigentümer sei bestandskräftig und binde damit auch den Mieter, der kein weiteres Einsichtsrecht habe.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hält die Rechtsauffassung des AG für unzutreffend, da der Mieter danach mit Nebenkosten belastet werden könne, die er nicht zu tragen habe, und ihm dagegen keinerlei Einwendungen zuständen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Der Klägerin steht derzeit kein Anspruch auf Zahlung der Nebenkostennachforderung gegenüber der Beklagten zu. Grundsätzlich sind zwar Nachzahlungen aus Abrechnungen gemäß § 271 BGB sofort fällig. Aber der Mieter hat das Recht, die Abrechnung zu prüfen und Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Unterlagen zu nehmen. Hierfür wird man dem Mieter einen angemessenen Zeitraum zubilligen müssen. Solange diese Einsicht nicht gewährt worden ist, hat der Mieter bezüglich der Nachzahlungsforderung gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht.
Die Klägerin ist verpflichtet, der Beklagten die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen zu ermöglichen. Hierzu war sie auch bereit und hatte ein entsprechendes Angebot gemacht.
Die Bestandskraft der Wohnungseigentümerabrechnung hindert den Mieter einer Eigentumswohnung nämlich nicht, Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Unterlagen zu verlangen. Auch wenn der Eigentümer selbst die Abrechnung hat bestandskräftig werden lassen, bleibt es dem Mieter unbenommen, die Belege zu überprüfen und im Falle berechtigter Einwände die Abrechnung vom Vermieter korrigieren zu lassen. Insoweit wird das der Beklagten vertraglich zustehende Einsichtsrecht nicht durch einen bestandskräftigen Beschluß der Eigentümergemeinschaft ausgeschlossen.
Zwar steht der Beklagten als Mieterin kein eigener Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen zu. Hierzu ist nur die Klägerin als Mitglied der Eigentümergemeinschaft berechtigt, so daß sie dafür Sorge tragen muß, der Beklagten, auf welche Weise auch immer, Gelegenheit zur Überprüfung der Belege zu geben. Daß sie dazu in der Lage ist, zeigt ihr Angebot v. 28. 4. 1995, das sie aus nicht verständlichen Gründen am 10. 5. 1995 zurückgenommen hat.
Da die Beklagte ein Recht zur Einsicht hat, die Einsicht aber bislang noch nicht gewährt worden ist, kann sie die Zahlung der Nebenkostenforderung zurückhalten (§ 273 BGB).
Fundstellen