Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Reiseveranstalters bei Körperschäden infolge mangelhafter Unterkunft
Orientierungssatz
1. Zur Berechnung von Minderung und Schadensersatz bei Beeinträchtigung der Reise als solcher bei mangelfreien Einzelleistungen bzw mangelhaften Teilleistungen.
1.1 Die Berechnung der Minderung hat an die einzelnen, von dem Reiseveranstalter geschuldeten und mit Fehlern behafteten Leistungen anzuknüpfen, nicht an der Beeinträchtigung der Reise als solcher.
1.2 Sind die einzelnen von dem Reiseveranstalter geschuldeten Leistungen erbracht und infolge einer mangelhaften Teilleistung oder infolge einer Schutzpflichtverletzung die Reise als solche beeinträchtigt worden, so scheidet eine Minderung unter Einbeziehung oder Vereitelung der Reise als solcher aus (Aufgabe LG Frankfurt, 1977-12-05, 2/24 S 222/77 - "Salmonellen-Entscheidung").
1.3 Ist die Reise infolge eines von dem Reiseveranstalter zu vertretenen Mangels vereitelt oder erheblich beeinträchtigt worden, so besteht der nach BGB § 651f Abs 2 zu ersetzende Schaden - neben den Aufwendungen für einen notwendigen Ersatzurlaub - in dem (ganz oder teilweise) nutzlos aufgewendeten Reisepreis, soweit er nicht bereits im Wege der Minderung zurückzuzahlen ist (Ergänzung LG Frankfurt, 1983-03-14, 2/24 S 307/82, NJW 1983, 1127).
2. Ist die von dem Reiseveranstalter bzw seinem Leistungsträger zur Verfügung gestellte Unterkunft bei Übergabe an den Reisenden mit einem Mangel behaftet, so haftet der Reiseveranstalter für etwaige durch den Mangel verursachte Körperschäden und die daraus folgende Vereitelung oder Beeinträchtigung der Reise nach BGB § 651f iV mit BGB § 538 auch ohne Verschulden.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 5.10.1982 - Az: 30 C 10615/81 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin macht Ersatzansprüche aus einem Reisevertrag wegen eines während der Reise erlittenen Körperschadens gegen den Reiseveranstalter geltend.
Der Ehemann der Klägerin buchte für sich und seine Familie bei dem beklagten Reiseveranstalter für die Zeit vom 24.6.1981 bis 15.7.1981 eine Reise nach Gran Canaria / Playa del Ingles mit Unterbringung im Appartement - Hotel W.
Das Appartement hatte eine komplett eingerichtete Küche; bei dem vorhandenen Küchenherd handelte es sich um einen Gasherd, der durch einen Schlauch an eine Gasflasche angeschlossen war. Die Gasflasche wurde während der Belegungszeit durch die Familie der Klägerin einmal, nämlich am 10.7.1981, durch einen Bediensteten des Hotels ausgewechselt.
Am Nachmittag des 13.7.1981 hielt sich die mit nur einer Bikinihose bekleidete Klägerin in der Küche auf. Als sie mit einem Feuerzeug sich eine Zigarette anzündete, gabe es eine Stichflamme, die offensichtlich von dem Gasherd ausging. Die Klägerin erlitt Verbrennungen an beiden Beinen, am Bauchbereich und an beiden Brüsten; außerdem wurde ihr vorderes Kopfhaar abgesengt. Sie wurde in einem Krankenhaus in Playa del Ingles ärztlich versorgt.
Nach ihren Angaben hat sie für etwa 3 - 4 Tage ihre Stimme verloren. Sie war nach Rückkehr von der Reise etwa eine Woche lang bettlägerig krank, wobei die Brandwunden täglich durch einen Arzt versorgt werden mußten.
Nach dem von ihr vorgelegten ärztlichen Attest hat es sich um Verbrennungen zweiten Grades gehandelt, wobei Arbeitsunfähigkeit vom 16.7. - 30.7.1981 bestand.
Die Klägerin hat aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Ersatz von 64.- DM am Urlaubsort aufgewendeten Behandlungskosten sowie Rückzahlung des auf sie entfallenden Anteils des Reisepreises in Höhe von 1.419.- DM verlangt.
Sie hat behauptet, die Explosion sei auf einen ca. 3 cm langen Riß in der Gasleitung zwischen Gasflasche und Gasherd zurückzuführen gewesen; der Leistungsträger habe seine Inspektionspflicht schuldhaft verletzt. Der defekte Gasschlauch sei anschließend durch die Hotelleitung ausgetauscht worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.483.- DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorab die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und im übrigen in Abrede gestellt, daß die Explosion auf eine schadhafte Stelle des Verbindungsschlauches zurückzuführen sei. Die Herdanlage mit sämtlichen Gasleitungen sei drei Monate vor dem Unfall von dem "Servicio Tecnico" der Hotelanlage W inspiziert worden und der fragliche Schlauch habe einen Garantieaufdruck bis einschließlich Dezember 1981 aufgewiesen. Man habe den Gasschlauch einer näheren Inspektion unterzogen und nichts festgestellt. Die neue Gasflasche sei am 10.7.1981 auch ordnungsgemäß montiert worden.
Die Beklagte hat behauptet, der Unfall sei auf überwiegendes Verschulden der Klägerin zurückzuführen gewesen, die sich in unmittelbarer Nähe des Herdes eine Zigarette angezündet habe.
Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Urteil vom 5.10.1982 nach dem Klageantrag erkannt; es hat einen Ersatzanspruch wegen positiver Ve...